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Ich bin alt, uralt. Das musste ich heute als Erkenntnis des Lebens in meine Gehirnwindungen kriegen.

Obwohl ich meinen Computer sehr gut beherrsche, ein ultramodernes Mobiltelefon mit allem Schnickschnack besitze und auch bedienen kann, bei facebook meine sozialen Netzwerke verwalte und auch sonst keine Probleme mit technischen und anderen Neuerungen habe. Ich bin lern- und multitaskingfähig und kann sogar mit Werkzeug und schwereren Maschinen wie Säge und Bohrmaschine umgehen.

Aber ich bin irgendwie doch „aus alter Zeit“. Zuerst habe ich ja noch schenkelklatschend gebrüllt vor Lachen, als mir die Anzeige in die Hände fiel. Dann aber dachte ich doch mal zehn Minuten darüber nach, legte sie wieder weg und hatte die Eingebung, das muss doch schriftlich festgehalten werden. Das, wie es früher war.

 

Sind Sie auch in den Mittdreissigern bis Mittvierzigern oder so im groben Bogen drum herum? Dann wissen Sie vielleicht noch, wie es mal war, als sie sechs waren und eingeschult wurden? Früher, ja früher. Früher hasste ich es, wenn meine Oma das sagte 🙂

 

Aber von vorne. Ein Kaufladen, der in seinem Logo den elften Buchstaben des Alphabets innehat, preist neben Spülmittel, Babynahrung und Katzenfutter („Gutes kann ja so billig sein!“ ) Disney´s Princess Schultüten an. Schön in weiss bedruckt und rosa Tüllschleife oben drauf, was man auf diesem kleinen gedruckte Bildchen nur so gerade erkennen, eigentlich nur mit etwas Phantasie erahnen kann.

Erinnern Sie sich an Ihre Schultüte zur Einschulung, auch wenn es 30 Jahre her sein sollte? Ich ja. Sie war knallrot und reichlich schwer. Die Eltern hatten natürlich Nützliches für die Schule hineingepackt, Etui, Wachsmalstifte, Wasserfarbkasten und halt alles, was man braucht, um die ersten Buchstaben auf Papier kritzeln zu können. Oma und Opa hatten da anders gedacht und jede freie Stelle mit Süßigkeiten vollgestopft. Ich trug also voller Stolz gefühlt etwa ein Kilo Süsses und 200 Gramm Schulkram in meiner spitzen, viel zu grossen Tüte in meinen ersten Klassenraum. Dort durfte nach der Begrüssung auch alles ausgepackt und bestaunt werden. Schließlich war so eine Einschulung ja ein Tag wie Geburtstag oder Weihnachten – sagen jedenfalls die Fotos aus der Zeit noch klar aus.

 

Heute gibt es die Schultüten schon fertig gefüllt. Aber der Inhalt der besagten „Disney´s Princess Schultüte“ liest sich so: „3 x Lippenstift, 2 x Lippgloss, 2 x Lidschatten, 3 x Nagellack“. Zum sage und schreibe günstigen Preis von 9,99 Euro. Und Achtung: Sonderposten, solange der Vorrat reicht!

 

Wow!!!

 

Erst hab ich mich ja noch wegggekrümelt vor Lachen. Aber mal im Ernst. Ist das heute up to date? Ist es das, was man den – ich muss wohl annehmen nur weiblichen – i-Dötzen heute zur Einschulung in die Schultüten zum Start in einen so wichtigen Lebensabschnitt mitgibt? Können sich die Erstklässler heute schon korrekt schminken, bevor sie das Einmaleins beherrschen? Hat das im weitesten Sinne etwas mit der Pisa-Studie zu tun? Muss man heute zuerst wissen, welche Kosmetika angesagt sind und an 34. Stelle, wie man buchstabiert, addiert und subtrahiert? Oder ist das ein vergessener Anzeigen-Gag vom 1. April?

KAUFT WIRKLICH JEMAND SO EINE TÜTE ZUR EINSCHULUNG? Wenn ja, bin ich wirklich alt und nicht mehr up to date. Dann sind meine Prinzipien und Ansichten aus der Steinzeit. Ich armes Fossil…

 

Ich sehe mich gerade an meinem ersten Schultag, wenn ich so eine Füllung gehabt hätte. Wahrscheinlich hätte ich alles liebend gerne gegen leckere Schokoriegel eingetauscht.

Und beim Klassentreffen der Ehemaligen heisst es bei uns heute noch: „Weisst Du noch, als Du den Becher mit der Wasserfarbe durch die ganze Klasse geworfen hast?“

 

Wagen wir mal einen Blick in die Zukunft. In 30 Jahren heissen die Ehemaligentreffen der jetzigen i-Dötze dann wohl: Jahrgang Top-Model-Gesicht 2011 traf sich mit Jahrgang Lidelei-Gesicht 2007 in der Gaststätte „Zum letzen Abschminken“.

 

In diesem Sinne wünsche ich Dinosaurier allen i-Dötzen zum ersten Schultag, dass ihre Schultüten das beinhalten, was ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubert und den Tag unvergesslich macht.

 

 

(Frida Fröhlich)

 

 

Der Tag war bis dato nicht das, was man als erfreulich bezeichnen konnte. Meine  Stimmung entsprechend. Ein Tag im Juli, das Wetter durchwachsen mit der stündlichen Frage: T-Shirt oder Regenjacke? Ich habe gar keine Regenjacke, meine geliebte blaue Jeansjacke hält wie Taft bei  jedem Wetter.

Der Hund fragt nicht nach Temperatur oder Wettergebarden, wenn das wichtigste Tages-Geschäft ansteht. Also raus, ein Spaziergang durch die Anlagen. Die Hälfte des Weges geschafft, schon auf dem Rückweg.

Lautes eindringliches Vogelkreischen im Baum über mir. Und vor meinen Füßen ein kleines flauschiges Fiepen. Ein Vogelkind. Mitten auf dem Weg, von einem Beinchen auf das andere hüpfend. Ich schaue hoch und wieder runter. Das kleine Federetwas muss entweder aus dem Nest gefallen sein oder seine erste Flugstunde nicht gerade mit Bravour bestanden haben. Ich schaue genauer, weiß aber nicht, was es ist. Ein kleiner Vogel halt. Ich bin kein Ornithologe und mit Vogelerkennung stehe ich genauso auf dem Kriegsfuß wie mit Wimperntusche. Ich weiss nur eins: Möglichst nicht anfassen und erst mal aus der Gefahrenzone bringen. Hier mitten auf dem Weg muss es ihm ja vorkommen wie uns auf der Autobahn.

Neben dem Weg ist eine Wiese, auf der anderen Seite hohe Büsche. Ich kann meinen Hund nur fest am Halsband halten, der Terrier wittert die Beute. Leckere, zarte Vogelbrust… die Zunge schleckt mehrmals über die Nase, ein "Vögelchen in Aspik"-Bild vor Augen. Aber so ein Schmaus steht niemals in seinem Leben auf seiner Speisekarte, kann er nur von träumen.

Den Hund im Zaum haltend wie ein durchgehendes Pferd nehme ich mit der anderen Hand einen kleinen Ast, der am Wegesrand liegt und schiebe ihn vorsichtig auf das Tierchen zu. Der Vogel hüpft piepsend mit seinen kleinen Stelzen ein paar Zentimeter hin und her. Weitere Versuche meinerseits, den Vogel in Richtung Wiese zu bugsieren, quittiert er mit hastigen Flügelschlägen, ja er hebt dabei sogar ein paar Zentimeter vom Boden ab. Aber mehr auch nicht. Ich sehe mich schon den Vogel mitnehmen, um ihn hier nicht seinem Schicksal zu überlassen. Ich sehe schon eine Regenwurmfutterzucht auf der Terrasse stehen, bis der Kleine endlich seinen Flugschein bestehen würde. Dann plötzlich, nach weiteren Stöckchen-Schiebeversuchen: Die Flügel schaffen es, den noch jungen Körper in die Luft zu bugsieren und das kleine Federvieh vollbringt einen hektischen Auf- und Abwärtsflug, der letztendlich in einer hohen Hecke endet. Aus dem Baum über mir gesellt sich sofort ein weiterer Vogel dazu. Die bislang Zeter und Mordio schimpfende und nun glückliche Mutter?

Mein Tag ist auf einen Schlag freundlicher geworden. Ich fühle mich wie eine weibliche Tom Hanks: Ich Held. Ich kann flügge machen!

 

 

(Frida Fröhlich)

Du bist nicht bei facebook? Fehlt Dir da nicht etwas im Leben?

 

Wir sind vernetzt. ICH kenn DU, DU kennst IHN und IHN kennt SIE. Und vielleicht auch aus grauer Vorzeit noch ES. Aber es ist wichtig, auch ES in seiner Freundesliste zu haben. Egal, ob Freund oder nicht. Die Anzahl muss steigen, dann ist man bekannt. Oder berühmt – oder hat einfach nur Minderwertigkeitskomplexe, wenn die Zahl nicht dreistellig ist.

Nicht nur auf der Arbeit, in der Freizeit oder beim Einkaufen gilt heute social network. Nein, auch in den privatesten Privatbereichen.

Bei facebook kann man in  den Neuigkeiten ganz oben in der Zeile seinen Status mitteilen. "Was machst Du gerade?" Die Frage soll natürlich animieren, schnell etwas an die Pinnwand zu schreiben.

Ist es für das soziale Netzwerk und alle Freunde wirklich von Belang, wenn ein User tippt: "Ich sitze auf dem Klo"?

Ob  alle Welt das wissen will oder nicht, wir machen mal einen Testlauf und warten auf die Dinge, die kommen mögen…

Warten…

Anscheinend ist es von Belang! Und einen social network Plausch würdig…

Der erste Kommentar trudelt schon nach wenigen Sekunden ein.  Und zieht Kommentare auf diese  Kommentare nach sich.

K1: "Was machst Du auf dem Klo?"

"Was macht man schon auf dem Klo?"

K1: "So richtig drauf – und Du machst facebook?"

"Ja, so richtig drauf"

K2: "Gross oder klein?"

"Groß"

K2: "Mannomann, das kann dauern, da können wir echt quatschen, da haste ja mal Zeit."

K3: "Bei Aldi ist Klopapier im Angebot."

K4: "Echt? Vierlagig?"

K3: " Weiß nich, hab Anzeige heute morgen gesehen"

K5: " Ob 4 oder 2 lagig ist doch egal, da nimmste bei dem dünneren halt mehr"

K4: "Dann verbrauche ich ja doppelt, dann ist es kein Angebot mehr."

K3: "Geh mal eben gucken, hab die Zeitung noch"

K3: "Dreilagig"

K4: "Mhmm, muss ich überlegen, hab nämlich fast nix mehr"

K5: "Nimmste das Zeitungspapier, wo die Anzeige drin war – lach -"

K4: "Dann hab ich ja nachher ne schwarze Unterhose"

K5: "Besser als braun"

K1: "Gehts noch?"

"Ja, dauert noch, hätte das Chilli gestern nicht essen sollen"

K1: "Wo warst Du denn Chilli essen?"

"Ausser Dose in der Mikro"

K5: "Machs Fenster auf"

"Da komm ich jetzt nicht dran"

K1: "Ausser Dose schmeckt doch nur Ravioli."

"Hab fertig, cu."

 

 

(Frida Fröhlich)