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Eines vorweg, jede Sportart hat ihre Liebhaber. Die Stile, Trainingsmethoden, anderer Kampfsport,- Kampfkunstschulen sind so zahlreich, dass sie kaum noch überschaubar sind. Schüler, Kämpfer, Sportler, alle, die sich in diesem Bereich betätigen, haben Freude daran gefordert zu werden, sich zu messen, an Wettkämpfen teilzunehmen oder einfach gesund und fit zu bleiben.

Viele Kampfkünste / Kampfsportarten blicken auf eine lange Tradition zurück und haben ihre eigene Geschichte. Andere sind erst in den letzten Jahren entstanden und eine Mischung aus verschiedenen Stilen.

Wer sich für Kampfsport / Kampfkunst interessiert hat unterschiedliche Beweggründe. Nicht immer besteht der Wunsch, sich in Notwehrsituationen verteidigen zu können. Für die jeweiligen Lehrer ist es nicht leicht zu unterscheiden, wen sie da unterrichten und wofür die Techniken verwendet werden. So lastet auf den Kampfkunst- / Kampfsportlehrer Verantwortung.

Es wäre zu einfach, Menschen weiterzuschicken, die der eigenen Meinung nach nicht geeignet sind in Kampfsport / Kampfkunst unterrichtet zu werden. Ein guter Kampfkunst- / Kampfsportlehrer kann einem aggressiven Menschen, der statt Worte seine Fäuste sprechen lässt, mit einem anspruchsvollen Training einiges von seiner Aggressivität nehmen. Hier kann das Training eine Ventilfunktion haben. Auch der aggressive Mensch kann im Training viel lernen. Das Training stellt eine Form der Kommunikation dar.

Ohne Worte lernt der „Sprachfaule“ seine Trainingspartner verstehen, seine Empathiefähigkeit wird gefördert. Eine schwierige, möglicherweise auch langwierige Aufgabe. Wing Tshun ist regelfrei und trotzdem geeignet, in kurzer Zeit grundlegende Werte zu vermitteln. Der Einzelne kann nur weiterkommen, wenn er lernt das Spiel durch einen „billigen Sieg“ nicht zu unterbrechen, sondern weiterzukämpfen, um in eine höhere Liga aufzusteigen, wo er kämpferisch weitaus stärker gefordert wird.

Diese Entwicklung schließt den Partner ein. Beide müssen miteinander üben, ohne sich zu verletzen, wollen sie weiterkommen. Wer sich nicht an die „Spielregeln“ hält, findet niemanden, der bereit ist, Trainingspartner zu sein. Es gibt keinen Dummy (Verlierer), sondern, wenn beide die richtige Einstellung haben, zwei Sieger.

Das Leserforum ist tot – ist das Leserforum tot?

Der WA hat sein Leserforum / Artikelkommentare mal wieder umgestellt. Anlass waren u.a. beleidigende Beiträge. User die unter dem Deckmantel der Anonymität Personen angreifen, beschuldigen, Rufmord begehen.

Ich finde es schade, dass der WA so reagiert. Das Leserforum war ein beliebtes Mittel der Meinungsfreiheit. Vielleicht gar politisches Ventil für viele Bürger. Missstände wurden angeprangert, Kommunalpolitik kritisiert. Nun können die "Macher" schalten und walten wie sie wollen. Ja vielleicht sogar alle zusammen (wie Berlusconis Medienimperium) Hand in Hand wirken.

Sicher macht so ein Leserforum Arbeit, andererseits ist es eine tolle Ergänzung zur Printausgabe. Ich möchte sogar behaupten, dass verschiedene User in den letzten Jahren durch ihre "kleinen Beiträge" kommunalpolitisch Einfluss nehmen konnten.

Gebt diese Möglichkeit nicht aus der Hand!

Ich habe den Admin WA Herrn Schlösser, dem Chefredakteur WA Herrn Krigar und den Verleger des WA Dr. Dirk Ippen ippen@tz-online.de angeschrieben und um eine Änderung gebeten. Wer mit mir derselben Meinung ist, schreibt bitte ebenso an den WA.

Wing Tshun Selbstverteidigung

Das Training auf dem H-Balken  

Seit vielen Jahren ist das Training auf dem sogenannten H-Balken, fester Bestandteil unseres Partnertrainings. Dabei gibt es verschiedene Ziele die wir verfolgen. Einige Ziele sind offensichtlich. So bekommen wir durch regelmäßiges Balkentraining einen guten Stand. Man weiß, wann es sich lohnt hart zu bleiben und wann es klüger ist, nachzugeben.  

Der H- Balken besteht aus zwei Querträgern und einen Längsträger. Die Partner stehen sich im IRAS gegenüber. Wir üben Chi-Sao auf dem H-Balken, wobei es für die meisten zunächst schwer ist, das Gleichgewicht zu halten und nicht mit der Kraft des Schlages nach vorne, bzw. beim Treffer nach hinten zu fallen.  

Eine weitere Übung besteht darin, im IRAS den Partner vom H-Balken zu drängen. Allein der Verlust des Standes zählt. Befinden sich beide Partner auf dem Querträger, können wir nach rechts oder links (immer auf dem Balken stehend) ausweichen und dabei ebenso unsere Tritte, Trittabwehrtechniken einsetzen.  

Eine weitere Stufe sehen wir im geschützten Vorgehen auf den Längsträger oder im Positionswechsel. Der H-Balken bietet viele Möglichkeiten sich mit dem Partner im Kampf um den Balken,- um das Gleichgewicht zu messen. Es zeugt von großem Können, wenn wir den Partner einerseits vom Balken drängen, ihn andererseits vorm Absturz bewahren.

Der Balken lehrt uns: "Im Raum zu bleiben". Ansatzlos, präzise Techniken anzuwenden und die Wing Tshun Prinzipien zu berücksichtigen.   Der H-Balken ist für unsere Entwicklung im Wing Tshun unerlässlicher und fester Bestandteil des Fortgeschrittenentrainings.   

panta rhei“ – (griechisch πάντα ῥεῖ, „Alles fließt“)

Der Begriff „panta rhei“ stammt aus der Feder von Heraklit, einem griechischen Philosophen und bedeutet übersetzt "Alles fließt". Ich meine, dass passt gut zur Kampfkunst Wing Tshun und noch besser zu – meiner  Sichtweise.  Mit dem altgriechischen, vorsokratischen Zitat kann ich persönlich etwas anfangen. Auf der einen Seite beschreibt es die Dynamik der manchmal statisch wirkenden Dinge, auf der anderen Seite ist es auch eine persönliche Aufforderung, nicht so unflexibel und hart zu sein. Eine Metapher für die Prozessualität der Welt.


Im Wing Tshun sind die Bewegungen fließend. Wir halten nicht fest, wer festhält, hält sich selbst fest. Wir geben nach, aber nicht auf und wir lernen, uns von unserer Kraft, von unserem Wollen und Machen, zu lösen. Im Training erfahren wir unmittelbar im Kampf, dass „weich sein“ nicht gleichbedeutend mit „schwach sein“  ist. Es gibt also einen praktischen Bezug und nicht Worte, deren Sinn manchmal verborgen bleibt. Alles das, hat irgendwie mit den Eigenschaften des Wassers zu tun. So gesehen sehr philosophisch, die Kampfkunst Wing Tshun. Doch mit Philosophie kann man keinen Gegner besiegen – oder doch? Kommen Menschen die kommunizieren nicht weiter, wie Menschen, die meinen mit Gewalt ihre Probleme zu lösen? Kann man nicht, behaftet mit Wissen und Erfahrung, Probleme leichter erkennen, vermeiden oder aus dem Weg gehen?

Ich mag Menschen, die in Selbstverteidigung die größte Kunst darin sehen, miteinander zu kämpfen, ohne sich zu verletzen.  Mag sein, dass ich mit dieser Sichtweise nicht der härteste, der brutalste und der schnellste Kämpfer bin, vielleicht jedoch ein Mensch, der nach vielen Jahren Kampfkunsterfahrung gesund ist, dem das Training Spaß macht und dessen Weg nicht verletzte Sportler säumen, die nie wieder Sport machen können.

„panta rhei“, eine Aussage die zum Nachdenken ermuntert. Dabei entdeckt wohl jeder von uns Verknüpfungen in  allem was wir tun. Ob nun in der Kampfkunst oder im täglichen Leben.

Waffen in den Kampfkünsten sind traditionelle Trainingsgeräte. Die verwendeten Trainingswaffen sind nicht „scharf“. Wer möchte schon im Training ernsthaft verletzt werden? Jedoch kann auch ein Schlag mit einer stumpfen Waffe (Rattan Stock) sehr schmerzhaft sein und zu ernsthaften Folgeschäden führen.

Die ersten Trainingsjahre habe ich somit im Wing Tshun Training keine Waffe in der Hand gehabt. Das war auch gut so. Wer nicht weiß wohin und wie fest er schlägt, sollte auf keinen Fall eine Waffe in die Hand nehmen. Später erst habe ich, zunächst ohne Partner, mit einem oder zwei Rattan Stöcke geübt. Im Wing Tshun sieht man das Training mit dem Rattan Stock als Vorbereitung auf das Waffentraining mit dem Langstock und dem Doppelmesser.  

Das Training mit dem Stock bringt dem Übenden sehr viele Vorteile.  Das Training macht fit und geschmeidig. Es verhilft zu guter Kondition, stärkt den Gleichgewichtssinn, macht schnell und beweglich. Der Stockkampf vermittelt ein Gefühl für Rhythmus, Timing und Distanzgefühl und fördert die natürlichen Reflexe. Fähigkeiten, die für den Kampf „ohne“ Waffe von Bedeutung sind.

Kampfsportler / Kampfkünstler laufen außerhalb des Trainingsraumes nicht mit einer Waffe herum. Wenn wir allerdings mit einer Waffe angegriffen werden, rechnen wir uns durch ein gutes Waffentraining, im Rahmen der Notwehr, gute Chancen aus.

Allein der Gedanke an Notwehr, wäre die Mühe nicht wert, sich über Jahre mit dem Waffentraining zu beschäftigen. Da gibt es adäquate Mittel, die effektiver sind. Das Waffentraining macht einfach Spaß und ich kann mein Potential (bezogen auf Wing Tshun) ausschöpfen. Dabei kann der Übende, unabhängig von körperlicher Konstitution eine außergewöhnliche Kampfkraft entwickeln.  

Leider gibt es in unserer Zeit vermehrt Übergriffe mit Waffen. Die Waffengeschäfte sprießen wie Pilze aus dem Boden und locken mit ihren Angeboten. Dabei möchte ich feststellen, dass Waffen nur in die Hände erfahrener und verantwortungsbewusster Kampfsportler / Kampfkünstler gehören, die damit üben. Wer Waffen in der Freizeit trägt, zur Schau stellt oder damit Menschen bedroht oder verletzt, verstößt gegen das Waffengesetz und erweist sich somit ungeeignet, daran ausgebildet zu werden. Hier können, m.E. die Gesetze nicht streng genug sein.

Selbst langjährige Kampfkunstexperten nehmen das Waffentraining sehr ernst und führen ihre Schüler behutsam an das Training heran. Besteht doch die Gefahr, dass Schüler das Wissen missbrauchen oder ihre Techniken nicht so gut beherrschen und Mitschüler verletzen.

Wing Tshun Selbstverteidigung steht in der Tradition alter Meister. Dabei geht es nicht um die Vielzahl der Techniken, die jeden Kampfsport, jede Kampfkunst attraktiv machen, sondern um die Beachtung der Kraft – und der Kampfprinzipien. Die Techniken, die Übungen, dienen allein den Zweck den Körper auf Flexibilität, Schnellkraft, Körperspannung zu konditionieren. Immer wieder muss die Frage gestellt werden, was soll die Technik lehren? Mit dieser Frage im Kopf übe ich mit dem Schüler, den ich nie als Dummy betrachte, sondern ebenfalls berücksichtige, was der Partner im Gegenzug mit dieser Übung lernen soll.

So ist es stets ein geben und nehmen, bei dem die Positionen ständig wechseln. Mal bin ich Angreifer, mal Verteidiger, mal greif ich links an und verteidige rechts ….

Wer Interesse an Wing Tshun hat, informiert sich im Internet über die chinesische Kampfkunst Wing Tshun (Schöner Frühling) die weltweit verbreitet ist. Auch habe ich hier eine ganze Menge Blogbeiträge geschrieben, die ein Bild von Wing Tshun vermitteln sollen.

Meist gibt es in jeder größeren Stadt eine oder mehrere Wing Tshun Schulen. Eine gute Wing Tshun Schule zeichnet aus, dass man Zeit hat, sich den Unterricht anzuschauen. 2 – 4 Wochen Probetraining sind die Regel. Dabei lernt man bereits eine Menge über Selbstverteidigung.

Wer Wing Tshun lernt, wird meist in drei verschiedene Bereiche unterrichtet: Ein konditioneller Teil, ein klassischer Teil und verschiedene Drills, die Notwehrsituationen darstellen. Fortgeschrittene lernen den Umgang mit der Waffe (Stockkampf)) und werden an der Holzpuppe unterrichtet.

Über Geld sprechen die wenigsten Schulen. Eine gute Schule informiert bereits auf der Webseite (meist unter Trainingszeiten) über die Preise. Daraus sollte niemand ein Geheimnis machen. Auch im persönlichen Gespräch wird solchen Fragen nicht ausgewichen.

Bevor man loslegt, sollte man zumindest Tiefschutz, Schienbeinschoner und Faustschutz kaufen. Diese Ausrüstungsgegenstände sind auch dort zu kaufen, wo Wing Tshun unterrichtet wird. Erscheinen die Preise dafür unverhältnismäßig, schauen sie selbst nach, was es auf dem Markt gibt.

Der Unterricht, basiert vornehmlich auf ein Graduierungssystem (daher Schule). Den Teilnehmern ist es freigestellt, an den Prüfungen teilzunehmen. Die Prüfungsgebühren sollten ebenfalls moderat sein.

Wing Tshun Kampfkunst zeichnet sich durch ein gesundheitsbewusstes Training aus. Da spielt niemand den „Dummy“ für den anderen, der bereits viel länger trainiert. Die Atmosphäre ist von Respekt und Rücksichtnahme geprägt. „Sicherheit geht vor Technik!“ Wenn der Partner noch nicht so schnell und locker ist, wird darauf Rücksicht genommen. Es gilt das Motto: „Voneinander und miteinander lernen“.

Teil I –

Bevor ich  diesen Beitrag schrieb, habe ich mich gefragt, was die interessierten Leser wohl unter Prinzip verstehen?  Das Prinzip, lat. principium = Anfang, Ursprung,  ist das, aus dem ein anderes seinen Ursprung hat. Es stellt eine Gesetzmäßigkeit dar, die anderen Gesetzmäßigkeiten übergeordnet ist. Im klassischen Ursprung steht das Prinzip als übergeordnete Größe, an oberster Stelle. Die jeweilige Bedeutung ist kontextabhängig.

Soviel zur Theorie. Wing Tshun ist aber alles andere wie theoretisch. Gleichwohl steht das was wir tun nicht für eine unkontrollierte Handlung, sondern ist das Ergebnis langjährigen Training, dessen Fundament unsere Gesellschaft, unser Wertesystem bildet. Das heißt, wir sprechen von verhältnismäßiger Selbstverteidigung, weil wir Gesetze haben, die Selbstverteidigung definieren und zwar in dem Maße, wie Selbstverteidigung angemessen ist.  Was ist angemessen und welcher  Anspruch wird da in mein Handeln gesetzt?

"Wir denken bereits vorher darüber nach, was passiert wenn". In einer Selbstverteidigungssituation habe ich selten Zeit abzuwägen, einzuschätzen was angemessen ist. Das geht es um Millisekunden. Ja ich muss froh sein, wenn ich bei einem plötzlichen Angriff, so schnell reagiere und meinen Arm, mein Bein zum Schutz hochziehe. Der nächste Schritt, der Gegenangriff, liegt meist in weiter Ferne und wird immens von meiner Angst beeinflusst. Wenn ich keinen Gegenangriff starte muss der Angreifer zumindest durch eine schnelle Abwehrreaktion abgeschreckt werden können. Eine Abwehrreaktion, die es in sich haben kann.

Zurück zu den Prinzipien. Auch wenn ich nicht dazu neige, hier nun alle Wing Tshun Prinzipien oberlehrermäßig abzuspulen, muss ich doch zumindest ein Prinzip nennen, um an einem Beispiel zu verdeutlichen, worum es geht.

Es gibt sogenannte Kraft- und Kampfprinzipien. Die meisten sind offensichtlich Aussagen, die leicht zu verstehen sind. „Löse dich von deiner Kraft“, ist ein Kraftprinzip. Leicht gesagt, sind gerade wir Männer kraftbetonte Wesen. Wenn´s eng wird, spannen wir jeden Muskel an. Und diese Kraft sollen wir „loslassen“?

Wie ist das gemeint, wie soll das funktionieren? Sich von seiner Kraft zu lösen, hat verschiedene Bedeutungen. Wer seinen Körper während des Kampfes anspannt, ist verletzlicher, wie ein Kämpfer, der locker ist. Das leuchtet ein! Viele Kampfkünstler machen sich das zu Eigen und atmen während der relativ kurzen Kampfsequenzen aus. Das Kraftprinzip „Löse dich von deiner Kraft“ sagt weit mehr aus. Ein Kämpfer der nicht mit Kraft schlägt, hat eine ungleich bessere Reaktionsgeschwindigkeit. Kraftschläge sind im Vergleich zu Spannungsschlägen weitaus langsamer. Auch verleiten Kraftschläge dazu den ganzen Körper einzusetzen. Wer daneben trifft, geht weit über die imaginäre Mitte (zwischen den beiden Kämpfenden) hinaus und befindet sich im „Feindesland“, wo er von dem Gegner leicht getroffen werden kann. „Löse dich von deiner Kraft“ macht also weich, schnell und weniger verletzlich.

Philosophisch betrachtet, kommt dieses Prinzip dem taoistischem Wu-wei nahe: „Enthaltung eines gegen die Natur gerichteten Handelns.“. Wir brauchen die Kraft des Angreifers um aktiv zu werden. Werden wir aktiv, „tun wir nur das Nötige“! Das Nötige ist immer nur das, was erforderlich ist, um einen gegenwärtigen Angriff abzuwehren. Alle Muskeln im Körper anzuspannen, ist dabei eher hinderlich. Um diese „gebremsten“ Muskeln in Bewegung zu setzen, müssen wir „willentlich“ den Handlungsablauf beeinflussen und das dauert noch länger. Zeit, die uns in einer Selbstverteidigungssituation nicht zur Verfügung steht.

Nicht nur in Kampfkunstschulen erfolgt die gegenseitige Begrüßung mit einer Verneigung oder mit einem Handzeichen.  Alle Kampfkünstler, viele Sportler dieser Welt haben ihre ganz eigene Art zu Grüßen, wenn sie einander zum Training begegnen. 

Begrüßungen, in welcher Form auch immer, bedingt durch die Vielzahl der Stile, sind Sitte und fester Bestandteil, nicht nur im traditionellen Chinesischen Wing Tshun. Damit soll gegenüber dem Trainingspartner, dem Lehrer, dem Schüler, dem Trainingsort und der Kampfkunst, Respekt  zum Ausdruck gebracht werden. Respekt vor den Mühen der Ahnen, die jeweilige Kampfkunst zu erhalten und weiterzugeben. Respekt gegenüber den Fähigkeiten und der Persönlichkeit seines Gegenübers. Der Gruß wird deutlich wahrgenommen.

Die Begrüßung hat viele Bedeutungen. Das in unserer Kultur verbreitete „Händeschütteln“ war in China lange Zeit undenkbar. Es gilt heute noch als „unfein“, jemand die Hand zu geben. Viele Chinesen fühlen sich dabei bedroht oder vermuten einen Angriff. Zu Recht mieden Kampfkünstler einen solchen Gruß, weil bereits aus einem Händedruck verschiedene Hebeltechniken abgeleitet werden können. Heute wird das Händeschütteln, besonders in Erkältungszeiten (Ärzte raten dazu), aus praktischen Erwägungen gemieden.

Der Gruß konnte in China ebenso ein „Erkennungszeichen“, politischer Geheimbünde und Sekten sein. So stand z.B. die Faust als Zeichen für die Sonne (für die Ming Dynastie), die man nach der Machtübernahme durch die Qing (Manchuregierung), in den alten Zustand zurückversetzen wollte und die es zu schützen galt (gestreckte Hand).

1986 wurde durch das Zentralkomitee für Volkssport der kommunistischen Partei in Peking die Begrüßung für das moderne Wu Shu standardisiert. Als Begrüßung wurde die Faust neben der gestreckten flachen Hand der nördlichen Shaolin Klöster übernommen.

Heute sprechen wir in Deutschland oftmals von einem Mangel an Grußkultur. Es wird in den Städten immer weniger gegrüßt. Die Menschen gehen stumm aneinander vorbei. Dabei bringt ein freundlicher Gruß, ob nun das Händeschütteln oder ein freundlich gewünschtes „Guten Tag“, die Menschen näher. Im aufeinander zugehen, gehört der Gruß bereits zur Aufnahme der Kommunikation, für den einige Regeln gelten (in die Augen schauen). Die Offenheit, die Freundlichkeit, die dadurch zum Ausdruck gebracht wird, prägt den Umgang des Gesprächs, des Miteinanders. Die Begrüßung in den Kampfkünsten ist durchaus nicht losgelöst zu betrachten und stellt somit keine Besonderheit dar.

Harte und weiche Kampfkunststile –

Die Kampfkünste unterscheiden sich in einigen Punkten, so dass man sie in verschiedene Stilrichtungen unterscheiden kann. Es gibt die harte Kampfkunst, z.B. das Kung Fu. Kung Fu zeichnet sich durch harte und kraftvolle Stoß- und Tritttechniken aus. Kraft und Schnelligkeit bestimmen unter anderem das Können des Kämpfers. Nachteil der harten Schule ist die hohe Belastung der Extremitäten, insbesondere der Knie- und Ellbogengelenke. Die damit verbundenen Gefahren von Verschleißerscheinungen machen das Erlernen und das Ausüben der Techniken im hohen Alter sehr schwierig.

Der weiche Stil legt Wert auf den gesundheitlichen Aspekt der Kampfkunst. Vertreter dieser Schule sollen die Kampfkunst bis ins hohe Alter ausüben können. Die Bewegungen sind daher weich und fließend. Stärke soll durch Kräftigung der inneren Organe, ähnlich wie bei der gymnastischen Heilbehandlung der alten Chinesen, und durch die Entwicklung der inneren Kraft Chi (Qi) erreicht werden.

Die Grundlagen der weichen Stile gehen wahrscheinlich auf den Taoismus zurück. Die harten und kraftvollen Bewegungen des Kung Fu sollen mit weichen, fließenden und nachgebenden Bewegungen begegnet werden. Eine chinesische Weisheit sagt: „Was hart ist bricht“. Das Tao te King erzählt viel von den Vorzügen der Weichheit und den Nachteilen der Härte „Ein Balkenstarker nimm kein gutes Ende“ und Bruce Lee (die Kampfkunstlegende) spricht: „Be water my friend“.

Im weichen Kampfkunststil, zu denen auch Wing Tshun zählt,  lernen wir unseren Körper, über die Fremdwahrnehmung, im Partnertraining, besser zu verstehen. Partnerübungen stellen weitaus mehr dar, wie das Üben von verschiedenen Hand- und Fußtechniken. Wir sind Sender und Empfänger zugleich. Ein Grund, warum Wing Tshun Kampfkünstlern der Ruf vorauseilt: „verhältnismäßig“ sprich angemessen zu reagieren.

Weitere Übungen zeigen uns Wege, die richtige Mitte, den richtigen Stand und die rechte Körperspannung zu finden (Eigenwahrnehmung).

.Auf der Welt gibt es nichts,
was weicher und dünner ist als Wasser.
Doch um Hartes und Starres zu bezwingen,
kommt nichts diesem gleich.

Dass das Schwache das Starke besiegt,
das Harte dem Weichen unterliegt,
jeder weiss es, doch keiner handelt danach.››


Laotse  

Bei Wing Tshun wird viel Wert darauf gelegt, wie man sich und seine Umgebung in die Krafterzeugung einbezieht, z.B. den Boden als Kraftquelle nutzt oder die Energie durch den Körper leitet (Energiekreis). Dabei lernen die Schüler, wie sich die Energie wie ein Peitschenhieb entladen lässt. Jede Bewegung des Körpers wird im Kontext gesehen. Alle Wirbel und Gelenke des menschlichen Körpers wirken zusammen und multiplizieren die Kraft. Wir sprechen i.d.Z. von Körperstatik, in dem Arme und Beine in einem bestimmten (optimalen) Winkel zur Körperachse stehen. Das hat Auswirkungen auf die Belastbarkeit der Gelenke und für den optimalen Schutz.  

Neben den verschiedenen Kraft – und Kampfprinzipien, auf die ich in meinem nächsten Blogbeitrag eingehe, wirken im Wing Tshun „Wu wei“ (nicht handeln). Das ist insofern interessant, dass die Wing Tshun Kampfkünstler, um aktiv werden zu können, einen Impuls (einen Angriff) brauchen. Sie sind daher nicht nur brillante Meister ihres Körpers, sondern sehr friedfertige Menschen. 

Mit meinen Kurzbeiträgen kann ich die Komplexität der Kampfkunst Wing Tshun nur annähernd beschreiben. Vielleicht mache ich neugierig, mehr darüber zu erfahren, es selbst einmal zu versuchen. Dabei bestimmt jeder selbst, durch seinen Fleiß, wie weit er kommt.

Viele Menschen die mit Selbstverteidigung beginnen, fühlen sich bedroht. Umso mehr sie können, umso mehr schwindet dieses Gefühl und verliert sich schließlich ganz. Oftmals ist es die Angst, die manche Situation eskalieren lässt. So gibt es in uns selbst Mauern, die es zu überwinden gilt.

Hier möchte ich über die „gegnerische Mauer“ schreiben. Muskelbepackte Arme und Beine des Angreifers, die für Treffer fast unempfindlich sind. Wir betrachten die gegnerischen Arme wie ein Hindernis, die es niederzuschlagen gilt. Unser Ziel liegt schließlich dahinter; die empfindlichen Körperteile des Angreifers.

Wie soll ein Mensch, der 30 – 50 kg weniger wiegt, etwas ausrichten – wie kann er / sie diese unüberwindliche Mauer umgehen? Wir können einem Angriff „ausweichen“, die Deckung „unterlaufen“, „Täuschungsmanöver“ einsetzen. Wir dürfen die gegnerischen Arme und Beine nicht als „Mauer“ betrachten, sondern als „Sprungbrett“. Nach dem Prinzip „Stein auf Wasser“ prallt der Abwehrschlag über harte Arme oder Beine in das Ziel. Fast wie eine Kettenreaktion und mit überraschendem Ergebnis.

Wir sprechen bei Wing Tshun Selbstverteidigung von „Abwehr und Angriff in einer Bewegung“ (Gleichzeitigkeit). Wir brauchen eine Angriffskraft, die uns „beschleunigt“ und damit den Antrieb liefert, unsere Techniken anzuwenden. Der Angreifer spannt den Bogen (dich) und liefert somit die Energie um deine Waffe (deinen Arm, dein Bein) in das gegnerische Ziel zu bringen. Stoßen dein Arm oder Bein auf ein Hindernis, prallen deine Glieder am gegnerischen Arm oder Bein ab und setzen ihren Weg zum Ziel fort.

Das ist keine Zauberei – sondern Übung. Der menschliche Körper ist von Natur mit Knochen, Sehnen und Muskeln ausgestattet, die sich dafür konditionieren lassen. Dabei handelt es sich um eine Wiedererlangung von Fähigkeiten, die überall in der Natur zu beobachten sind. Keine Katze könnte es so lange vor einem Mauseloch aushalten und dabei in Sekundenbruchteilen zuschlagen, wenn sie nicht über dieselben Fähigkeiten verfügen würde.

Wir sind Menschen des 21. Jahrhunderts. Wir bewegen und ernähren uns nicht körperbewußt. Wir wissen, dass wir viele Dinge falsch machen und machen es trotzdem.

Wing Tshun Selbstverteidigung fördert die Eigen- und die Fremdwahrnehmung. Mit diesem Wissen ist es nur ein kleiner Schritt zu erkennen, dass sich der Einsatz zum Erwerb verloren geglaubter Fähigkeiten lohnt. Dabei ist Wing Tshun mehr als ein Hobby, eine sportliche Übung, sondern gehört zum Tag wie essen, schlafen und duschen.