Fr 19 Nov 2010
Now the only One
von Johannes_Brysch in Blogs
5 Kommentare
Hallo!
So, jetzt sind die anderen Schüler des AFG’s wieder zurück in Werne und ich der „ Only German“ an der Warren Central High School in Bowling Green, Kentucky. Dies bringt eine Menge Veränderungen mit sich. Hier die für Sie als Leser wichtigen:
1. Aus K-J Bloggers wird J-Blogger, da ja nur noch meine Wenigkeit diesen Blog führt.
2. Dies ist ein Punkt, der für mich einige Veränderungen mit sich bringt, aber auch für Sie. Der Alltag kehrt ein. Das bedeutet für mich, zur Schule zu gehen wie ein ganz normaler Amerikaner. Somit auch weniger Programm als die 2 Wochen davor und daraus resultierend mehr Zeit, um den Blog zu führen und dass Sie mehr zum Lesen haben. Denn der Blog wurde in den letzten 1 ½ Wochen sehr vernachlässigt, was aber einfach daran lag, dass es viel Programm gab und einfach keine Zeit dazwischen, um einen Blog zu führen. Doch hier die letzte Tage mit einigen Bildern:
……. Also wir fuhren nach Bowling Green, eine 5-Stunden-Busfahrt von Atlanta aus. Auf dieser Reise hatte unser Bus dann auch noch einen platten Reifen, was unserem Busfahrer bei einem Stop auffiel. Das bedeutete noch mal eineinhalb Stunden warten bis der Bus wieder fuhr. Aber dann kamen wir endlich in Bowling Green an. Wir lernten unsere Gastfamilien kennen (ich kannte meine ja schon aus dem letzten Jahr). Nach dem ersten warm werden miteinander hatten wir dann auch das Welcome-Dinner.
Danach fuhr jeder mit seiner Gastfamilie nachhause und es folgten 2 normale Schultage an der WCHS.
Das erste große Event in Kentucky stand dann am Samstag an, wo wir den Mammoth Cave Nationalpark besuchten. Es ist das größte Höhlensystem der Welt!
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Auch am Montag riss das Programm nicht ab, wir besuchten die Bürgermeisterin von Bowling Green.
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Danach besichtigten wir die Universität.
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Und dann letztlich das Corvettemuseum. Corvette, das sei für diejenigen gesagt, die nicht wissen was das ist, ist DER amerikanische Sportwagen. (Doch auch nur DER AMERIKANISCHE Sportwagen. Er ist nicht mit einem deutschen Sportwagen wie einem Porsche zu vergleichen. Nein, qualitativ gesehen ist es eher ein Chevrolet Spark, aber das ist ja auch kein Zufall, weil die Corvette ja auch von Chevrolet XD kommt)
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Dann kam der Mittwoch, das bedeutete Fort Knox. Doch das war jetzt nicht ganz so, wie es sich die Daheimgebliebenen vorstellen. Weil Gold gab es jetzt nicht zu sehen, ABER das Gebäude, welches wir aus „Goldfinger“ (007) kennen, konnte man durch 3 Zäune, Minenfeld und 500 Meter Entfernung erkennen. Was man dazu sagen kann: KLEIN
Doch das war auch nicht der Sinn des Ausfluges, wie wir Deutschen schnell feststellten, als wir zu einem Betongebäude gebracht wurden. Man muss dazu sagen, Fort Knox ist ein Militärstandort. Also, wir alle in das Gebäude rein, stehen 2 Soldaten vor uns, die fangen auch ohne Umschweife an zu reden und irgendwann sagt der eine:“ Now we shout“. Ich guckte die anderen an, die anderen guckten mich an und wir dachten uns, oh man wie schlecht ist eigentlich unser Englisch? Doch keine Minute später wurden wir in einen dunklen Raum geführt. UND, ja dann wurden unsere deutschen Moralvorstellungen auf eine harte Probe gestellt. Denn uns erwarteten noch mehr Soldaten, Leinwände, Sandsäcke und Schießstände, auf denen Waffen lagen. Uns wurde dann erklärt, dass dies der Simulator sei an dem das Schießen geübt wird. Naja toll, dann wurde noch schnell gesagt, dass die Waffen zu 80 Prozent echt seien, denn sie haben sogar Rückstoß (durch Druckluft hervorgerufen) und sie machen einen Höllenlärm. Ach, nachladen müsse man auch, doch letztendlich schießt man keine Kugel ab, sondern feuert nur einen Laserstrahl ab. Also ballerten die Soldaten dann mit ihren zu 80 Prozent echten Gewehren auf Ziele an der Leinwand. Dann zeigten sie uns, dass es auch reelle Szenarien gibt, bei denen man überlegen muss, wann und auf wen man schießt. Wir dachten uns alle Ok, toll, ja das wollten wir alle schon mal sehen, aber jetzt können wir auch gehen. Doch nix da, die Soldaten traten zurück und der eine sagte: „Ok, now it’s your time.“ Wir Deutschen anfangs leicht überfordert, guckten uns an und es bildeten sich schnell zwei Lager. Gut, eigentlich waren es drei, eines an der Wand, das waren die, die gar nicht wollten, meist Mädchen. Das andere Lager waren die, die sofort zu dem Schießständer rannten, meist Jungs. Und dann gab es auch noch ein Lager in der Mitte, das sich zwischen Wand und Schießstand befand. Dort waren die, die sich in der Orientierungsphase befanden. In dem Lager war ich. Und man muss sagen, danke an meinen Sowi-Lehrer Herrn Schaumann, ich weiß jetzt, was ein innerer Rollenkonflikt ist (Hurrelmann) . Ach ja, übrigens, warum schreiben Sie einfach meine Note an die Tafel, wenn ich gar nicht da bin? Weil ich mich dann nicht wehren kann und Sie dachten, ich erfahre das nicht ? Darüber sprechen wir noch, wenn ich wieder da bin. So war es zumindest bei mir, dass die eine Seite sagte, das muss man mal gemacht haben und die andere Seite sagte, das ist hier kein Spiel an der X-Box, hier trainieren Soldaten, die sich auf den Krieg in Afghanistan oder den Irak vorbereiten. Deswegen habe ich auch Respekt vor denen, die es nicht gemacht haben. Ja, ich habe es gemacht und muss sagen, interessante Erfahrung, muss man aber nicht noch einmal machen und die Schulter tut einem ziemlich weh danach . Ach ja, davon gibt es leider keine Fotos, weil sich keiner von uns getraut hat zu fragen, ob man Fotos machen darf!
Anschließend, getreu nach dem Motto Schießen macht hungrig, gingen wir in die Militärkantine. Dazu kann man nur sagen, Essen war sehr gut, wir kamen uns aber vor wie Affen im Zoo, wenn alle in Camouflage gekleidet sind und dann kommt eine Horde von Schülern, die ihre Alltagskleidung tragen, dann fällt das auf .
Danach folgte ein ziemlich langweiliger Besuch (so war es nun einmal, das soll nicht respektlos klingen) im Museum des General Patton. Kurzum, seeeeeeehr interessant .
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Und ob sie es glauben oder nicht, der Fluss an Aktivitäten hörte nicht auf. Am Donnerstag waren wir dann in Louisville, der größten Stadt Kentuckys. Dort besuchten wir das Muhammad Ali Center.
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Und anschließend die Pferderennbahn von Louisville, wo jedes Jahr das Kentucky-Derby ausgetragen wird, ein sehr populäres Pferderennen in den USA. Und das dazugehörige Museum.
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Am Freitag, dem letzten Schultag für meinen Gruppe (für mich ja nicht ), hatten wir erst ein
Mittagessen mit den Führungskräften der Schule und danach das letzte Highlight an der Schule. REPELLING!!!!! Das bedeutete: Man steigt auf einen 12 Meter hohen Turm und seilt sich von diesem ab. 12 Meter, das hört sich jetzt vielleicht nicht besonders viel an, sieht von unten auch nicht sehr hoch aus, aber wenn man oben steht, sieht die Welt ein wenig anders aus. Hoch, sehr hoch und wenn man dann auch noch die Anweisungen zum richtigen Abseilen von einem Drill-Instructor bekommt, (irgendwie komisch, der hat mich an meinen Sowi-Lehrer erinnert. Ja Herr Schaumann, Sie kommen jetzt schon zum zweiten Mal hier vor, sie sehen, ich denke oft an Sie ) der mit seinen 10 Deutschvokabeln versucht, den Alleinunterhalter zu mimen und versucht witzig zu sein, fühlt man sich auch nicht wirklich besser, weil man ja weiß, dass das Seil, also das Leben, in der Hand dieses nicht komischen Typen liegt. Und wenn es dann heißt, einen Schritt zurück treten und man nur noch mit den Fußspitzen auf dem Turm steht, dann hat man Angst. Doch wenn man sich dann nach hinten fallen lässt und das ganze auf sich wirken lässt, entspannt man sich und aus Angst wird ganz schnell fun.
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Und dann ist man auch schon beim Samstag. Das bedeutet, den letzten Programmpunkt abarbeiten. Es war jetzt wirklich nichts spannendes, dafür war es aber sehr lecker . Wir besuchten alle einen Farmers Market, quasi einen Bauernhof, auf dem man einkaufen kann, gibt’s bei uns im Münsterland ja an jeder Ecke. Dieser hatte sich jedenfalls auf Äpfel spezialisiert. Es gab alles aus Äpfeln, von Apfelkuchen bis zum Apfel mit Karamell-Nuss-Überzug. Die waren echt gut, ok den Apfel hat man nicht geschmeckt, aber das war auch nicht wichtig . Also kurzum, sehr lecker, nur nichts für Leute, die Punkte zählen, weil die hätten mit dem Rechnen gar nicht mehr aufhören können!
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Tja, und dann kam auch schon der Sonntag. Das hieß, um 6 Uhr aufstehen und die Heimkehrer verabschieden. Eine ziemlich komische Sache, weil man sich ja schon vor 2 Wochen in Deutschland von allen verabschiedet hatte. Doch man verabschiedete sich wieder, diesmal von anderen, mit denen man die letzten 2 Wochen verbracht hat, mit denen man viel erlebt hat, Höhen und Tiefen und die die Einzigen waren, die in deinem Umfeld deine Sprache sprechen. Und man sagt „goodbye“ zu Personen, die man liebgewonnen hat, mit dem Wissen im Hinterkopf, das da die letzten gehen, die deine Sprache sprechen und die dich kennen, manche nicht nur 2 Wochen, sondern schon über viele Jahre hinweg. Doch ist man mit dem Gefühl, Personen, die einem wichtig geworden sind, zu verlieren, nicht allein. Weil, es gibt ja noch Amerikaner, die deutsche Freunde gefunden haben und mit ihnen Tag und Nacht zusammen waren. Und auch sie müssen unter Tränen zusehen, wie sich die Türen des weißen Busses schließen und auch sie versuchen, einen Blick durch die getönten Scheiben des Busses zu erhaschen um zu sehen oder nicht zu sehen: WAS?
Na ja, und dann rollt er davon, man winkt und er ist ziemlich schnell außer Sichtweite. Man guckt sich gegenseitig an, weiß eigentlich nicht, was man sagen soll, weil der Kloß im Hals zu groß ist. Doch dann bringt jemand einen Satz heraus und sagt: “ Wenn wir einen Deutschen umarmen wollen, und das will ich gerade, dann haben wir ja dich!“ und dann fühlt man sich besser, weil man weiß, man ist angekommen, man hat Liebgewonnene verloren und neue Freunde dazu gewonnen. Man ist gar nicht allein, nein, sie sind für einen da, auch wenn sie Englisch sprechen .
Ja und jetzt sind die anderen weg. Nun gehe ich jeden Tag zur Schule wie eine ganz normaler High-School-Schüler. Ok, ganz normal ist es noch nicht, weil es immer noch Schüler gibt die fragen: „Wo sind denn die anderen Germans?“ Und dann antworte ich immer: „Ja, die sind schon zurück in Deutschland“, und dann kommt: „Und warum bist du denn noch hier?“ Und dazu kann ich immer nur sagen: „Ich habe den Bus verpasst!“ Dann wird man mit großen Augen angeguckt und man hört ein lautes SORRY. Darauf muss ich dann aber einlenken: „Ich bin der lonely only German an der WCHS.“ Und dann verstehen sie, das ich hier für länger bleibe.
So, das waren die vergangenen Wochen und Sie sehen, bei soviel Programm bleibt leider keine Zeit, um einen Blog zu führen. Denn wenn man auch irgendwann mal zuhause ist, dann fällt man wie ein Stein ins Bett und schläft sofort ein. Aber jetzt habe ich hoffentlich mehr Zeit.
Bis dahin
J-Blogger
P.S. Vielen Dank an Steffanie Böckenholt für die wirklich schönen Bilder