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Wie lange ist es her, dass ich in meinen Beitrag zum „Sauerkraut-Kurier“, der Zeitschrift, in der wir Pax Christi-Freiwilligen unsere Rundbriefe bündeln, geschrieben habe, dass ich fürchte, zu wenig zum Reisen zu kommen? Sechs Wochen? Fünf?

Jedenfalls hat sich dieses Gefühl inzwischen verflüchtigt. Zwar weiß ich, dass ich mir langsam überlegen muss, wann ich nach Białowieża fahre, wenn ich noch im Nationalpark wandern möchte, doch liegt ein ereignisreicher Monat hinter mir. Ein Monat, in dem ich doch recht viel herumgekommen bin.

 

Auf Richtung Meer

Angefangen hat meine kleine Reisesträhne mit den Maifeiertagen. Eigentlich hätte ich bei Veranstaltungen im Freilichtmuseum helfen sollen, doch als ich am 31. April erfuhr, dass doch niemand meine Arbeitskraft brauchte, entschloss ich mich spontan, mich meiner Mitfreiwilligen Elisa anzuschließen. Sie hatte bereits einige Zeit zuvor geplant, mit einer Bekannten von uns nach Danzig zu fahren. Unsere Bekannte wollte dort einen Freund abholen. Elisa hatte vor, einige Tage länger zu bleiben und bei einem Freiwilligen zu übernachten, den sie auf einem Seminar kennen gelernt hatte.

Da dessen Mitbewohner außer Haus waren, war es kein Problem auch mich über das Wochenende unterzubringen. Sogar unsere Bekannte und ihr Freund blieben einen Tag länger als geplant.

Es lohnt sich meines Erachtens wirklich, die Innenstadt Danzigs zu besichtigen, sich vielleicht einfach einen Nachmittag lang mit der Menge treiben zu lassen. So viele schöne Gebäude, so viele nette Restaurants! 

Auch in den Genuss einiger Museumsbesuche kam ich. Außerdem haben wir einen Abend in Sopot verbracht. Der Ort liegt direkt neben Danzig und Gdynia und bildet mit ihnen die „Dreistadt“. Sopot ist ein typisches Ostseebad, wie man es auch in Deutschland finden kann: Mit einer in Weiß gehaltenen Promenade und einem schicken Hotel, das über dem Strand thront. Schade eigentlich, dass wir uns nicht länger dort aufgehalten haben.

Waffeln am Strand sollen besonders lecker sein.

Unser Gastgeber ist für die Lage seiner Wohnung allerdings auch zu beneiden. Bloß fünf Minuten zu Fuß bis zum Strand – den Luxus hat nicht jeder.

Wo es Sterne regnete

Gleich im Anschluss an unsere Reise nach Danzig hatten Hannah und ich ein Seminar in Pułtusk. Ich kann wohl kaum voraussetzen, dass jeder, der diese Zeilen liest, weiß, dass es sich dabei um eine Kleinstadt in der Nähe von Warschau handelt. Selbst viele Polen, mit denen wir über unser Zwischenauswertungsseminar gesprochen haben, reagierten erstaunt. Dabei spielt Pułtusk durchaus eine historische Rolle. Zwei Schlachten fanden dort statt, die zweite während der napoleonischen Kriege. Napoleon selbst hielt sich wohl einige Zeit in der Stadt auf.

Eine der ersten Aufgaben unseres Seminars war es, im Rahmen einer Ralley solche Informationen über unseren Aufenthaltsort zusammenzutragen. Wieder einmal war ich fasziniert von der Freundlichkeit und Offenheit, mit der die Menschen auf unsere in gebrochenem Polnisch vorgebrachten Fragen reagierten. Die Direktorin des Stadtmuseums lud uns sogar in ihr Büro, wo sie uns über den Ursprung des Namens der Stadt (leitet sich von den Flüssen ab, zwischen denen Pułtusk liegt) und ihre Geschichte aufklärte. Was ich besonders faszinierend fand: In den Sechzigern ging ein gewaltiger Meteoritenschauer über der Region nieder. Mit viel Glück kann man immer noch Gesteinsbrocken finden.

Voller Elan kam besagte Direktorin auf dieses und jenes Ereignis zu sprechen, trug ihrer Mitarbeiterin auf, uns einen halben Reiseführer zu kopieren. Wir könnten gerne an einem der folgenden Tage das Museum besichtigen, um uns näher mit dem Thema auseinanderzusetzen! Und wie groß erst ihre Freude, als sie erfuhr, dass ein Mädchen unserer Gruppe Argentinierin war. Unter Umarmungen und mit Tränen in den Augen verabschiedete sie sich von der Landesgenossin des neuen Papstes.

Pułtusk kann übrigens auch mit einer Burg aufwarten, was in Polen allerdings keine Seltenheit ist. In der Burg wurden uns unsere vielen üppigen Mahlzeiten serviert und es stand uns die Bibliothek zur Verfügung, während sich unsere Zimmer in Gebäuden vor der Burg befanden. Zum Glück war das Wetter herrlich, sodass wir den Großteil des Programms im Schlosspark direkt am Wasser absolvieren konnten.

Anlegestelle am Schlosspark

Die Themen des Seminars waren recht interessant, obwohl sie mir aus früheren Seminaren bekannt vorkamen. Was mir hingegen besonders gut gefiel, war, dass wir unsere Freizeit überwiegend in der Gruppe verbrachten und ich mit den anderen Seminarteilnehmern (die eh alle super waren) ins Gespräch kam. Schließlich gab es nicht so viele verschiedenen Möglichkeiten, den Abend zu gestalten. So saßen wir meist im Biergarten oder auf einer Veranda am Fluss, wo wir den Mücken trotzten.

Tagsüber hatten wir sogar an zwei Tagen die Gelegenheit, Paddel- und Tretboote auszuleihen.

Insgesamt eine sehr schöne Woche.

Auf dem Wasser

 

Seen, Geister und Studenten

Endlich habe ich zudem einen Eindruck von der masurischen Seenplatte erhalten, als ich Pfingsten mit meinen Eltern einen Ausflug nach Mikołajki machte. Dass das ganze Wasser und die Wälder ihren Reiz haben, sei dadurch bestätigt, dass meine Eltern und mein Bruder nun für die Sommerferien eine Wohnung in der Nähe von Mikołajki gemietet haben.

Am selben Wochenende war die Museumsnacht, die im Skansen dieses Jahr unter dem „Schauergeschichten und alte Legenden aus der Region“  stattfand. In Gruppen wurden die Besucher durch das Museum geführt, wo ihnen an verschiedenen Sagen szenisch dargestellt wurden. Ich glaube, alle, die daran beteiligt waren, hatten ihren Spaß – ich auf jeden Fall! Durfte ich doch als Geist zwischen den Bäumen vor der Kirche entlang laufen. Eigentlich hätte ich ja erwartet, dass die Besucher brav den ebenfalls verkleideten Museumsführern lauschen, sich die verschiedenen Stationen anschauen und dann weiter gehen würden. Doch schnell fingen sie an, zu versuchen, mir irgendeine Reaktion zu entlocken, sich mit mir zu fotografieren und mich anzufassen. Dass in Olsztynek am selben Abend ein Festival stattfand, machte sich mit steigendem Alkoholpegel der Gäste immer stärker bemerkbar.

Lustig war es trotzdem. Und ich freute mich in der folgenden Woche über positive Rückmeldungen wie von einer der Mitarbeiterinnen, die erzählte, ihre Tochter habe mich für einen echten Geist gehalten. Schöne Bilder findet man hier:  http://www.muzeumolsztynek.com.pl/index.php?option=com_phocagallery&view=category&id=30:nocne-we-wsi-straszenie-2013-zdjecia&Itemid=143

Auf dieses bemerkenswerte Wochenende folgte gleich das nächste Event: Die „Kortowiada“, das jährlich stattfindende viertägige Studentenfestival. Am Donnerstag wurde es mit einem Umzug durch die Stadt eröffnet, bis Sonntag fanden im Studentenviertel Kortowo, das dem Fest seinen Namen gibt, Spiele und Konzerte statt. So habe ich unter anderem die polnischen Bands „Happysad“, „Kult“, „Vavamuffin“ und „Coma“  live gesehen.

 

Sto lat!

Daraufhin der Höhepunkt des Jahres im Skansen: Die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Museums. Diverse Gäste, hauptsächlich Gesandte anderer Freilichtmuseen, reisten an um der Veranstaltung beizuwohnen. Unter ihnen auch Estinnen, eine Russin und ein deutscher Historiker. Hans Michael, Mitglied bei Pax Christi, kam ebenfalls.

Den Auftakt bildeten am 5.6. festliche Reden, die Präsentation einer neuen Dokumentation über die Geschichte des Skansens, Präsente der Gäste ans Museum, Essen, die Eröffnung einer neuen Ausstellung, und schließlich noch mehr Essen, begleitet von masurischem Honigwein und Wodka und Tanz. „Wie auf einer polnischen Hochzeit.“, meinten einige.

Am 6.6. ging es weiter mit einer Konferenz zum Thema „Zwischen Tradition und Popkultur“ (oder so ähnlich).  Die Referenten beschäftigten sich größtenteils mit der Frage, wie man auch Jüngere vermehrt ins Museum locken könnte.

Nach einem kurzen Orgelkonzert am Abend wurde gegrillt. Getränke gab es wieder in Hülle und Fülle –   auch Alkoholika für jeden Geschmack. Wurde eine lustige Feier.

Die Meisten der Teilnehmer schafften es trotzdem, sich am nächsten Morgen früh aus dem Bett zu quälen, um die Rundfahrt durch das Ermland nicht zu verpassen. Hannah und ich durften ebenfalls mitfahren. An praktisch allen Sehenswürdigkeiten, die auf dem Programm standen, hatten wir schon beim Ausflug während des ersten Borussia-Seminars haltgemacht. Da besagtes Seminar allerdings schon eine Weile her ist, das Wetter diesmal um einiges schöner war und wir Führungen auf Polnisch erhielten, war die Fahrt für mich allerdings wieder ein gänzlich neues Erlebnis.

Hinzu kommt, dass wir mit dem Skansen weniger Denkmälern besuchten, dafür aber eine Führung durch das gesamte Schloss in Lidzbark Warmiński  erhielten. Einschließlich durch den Teil, in dem sich inzwischen ein Hotel befindet.

Besonders faszinierend fand ich die Ausstellung über Kunst des 19. Und 20. Jahrhundert in den oberen Stockwerken der Burg. Leider hatte ich keine Gelegenheit, eines der Bilder mitgehen zu lassen, obwohl ich mich auch gerne gleich an mehreren vergriffen hätte. Die Museumsaufseher waren einfach zu pflichtbewusst. Tja, da kann man wohl nichts machen.

Die Führung an sich hat mir ebenfalls Spaß bereitet. Von Monika hatte ich den Auftrag erhalten, Fotos von der Gruppe zu schießen. Ich musste feststellen, dass es gar nicht mal so einfach ist, annähernd gute Bilder zu machen, zu versuchen, etwas von den Erklärungen der Historikerin zu verstehen, einen Teil davon für Hans Michael zu übersetzen und sich gleichzeitig noch selbst das Gebäude anzuschauen. Ich zumindest war damit gut beschäftigt.

Falls also jemand mal in die Masuren kommen sollte und überlegt, einen Abstecher nach Lidzbark Warmiński zu machen, würde ich nicht abraten. Die Burg ist wirklich schön. Natürlich können Sie auch gleich eine Suite im Burghotel mieten, komplett mit Küchenzeile, Wohnzimmer und in den Boden eingelassener Badewanne. Das kostet dann aber auch umgerechnet 200 Euro die Nacht.

http://www.muzeumolsztynek.com.pl/index.php?option=com_phocagallery&view=category&id=31:100-lecie-muzeum-budownictwa-ludowego-w-olsztynku&Itemid=143

 

Oświęcim

Von einer letzten kleinen Reise will ich noch berichten: Zwei zusätzliche freie Tage zu Fronleichnam nutzte ich, um Laura in Oświęcim (Auschwitz) zu besuchen. Sie ist ebenfalls eine Pax Christi-Freiwillige und arbeitet im Zentrum für Dialog und Gebet, wo sie unter anderem Besuchergruppen betreut und Stadtführungen gibt. Ich musste feststellen, dass sie weit mehr zu arbeiten scheint als wir hier in Olsztyn und auch wichtiger für ihre Einsatzstelle ist. Auch am Freitag und Samstag hatte sie zu tun, und so konnte ich einen kleinen Einblick in ihre Tätigkeitsfelder erhalten. Ich habe nicht nur an einer ihrer Stadtrundgänge teilgenommen, sondern durfte außerdem mit ihr eine Schülergruppe ins Stammlager begleiten sowie bei einem Zeitzeugengespräch dabei sein.

Das ehemalige Lager hatte ich ja bereits mit den anderen Freiwilligen während unseres Sprachkurses in Krakau besichtigt, deshalb war ich auf das meiste schon vorbereitet. Den Ort ein zweites Mal zu sehen, nimmt ihm aber nicht seinen Schrecken und seine beklemmende Atmosphäre. Ich hoffe, das dies auch kein dritter, kein vierter Besuch zu tun vermögen.

Erst gegen halb neun endete am Freitag Lauras Arbeitsschicht. Danach wurde es aber noch vergnüglich: Wir waren bei einer Bekannten von ihr eingeladen, die vor kurzem ein kleines Hostel eröffnet hat. Sie war selbst mal für drei Monate als Freiwillige in Sri Lanka und hatte landestypische Speisen gekocht: Linsen-Dhal, Curry, knuspriges Brot, Obstsalat mit Zwiebeln, Gurken und Tomaten, dazu Reis. Und europäischen Nudelsalat.

Es war einfach köstlich. Wie die meisten der anderen Gäste taten wir es unserer Gastgeberin nach und verspeisten genussvoll alles ohne Besteck, nur Mithilfe unserer Hände.

An meinem zweiten Abend in Oświęcim haben Laura und ich dann selbst gekocht. Es war schön, mal wieder gemeinsam Oliven zu zerquetschen und Tomaten über dem Feuer zu schwenken – und es sich später mit eine französischen Film gemütlich zu machen.

 

Neue Projekte

So viel zu meiner Freizeit – doch was geht auf der Arbeit vor, jetzt, nach den Feierlichkeiten? Hannah und ich haben am Donnerstag und Freitag endlich unseren Projekt-Antrag geschrieben, den wir bei Borussia einreichen müssen. Gemeinsam werden wir einen Museumsführer für Blinde in Braille drucken lassen – zumindest einen Geländeplan des Skansens und Informationskarten zu den verschiedenen Ausstellungsobjekten ergänzt durch Fotos, die sich durch ihre Struktur vom Papier abheben.

Allerdings sind die Texte schon fertig. Uns bleibt zu tun, die Bilder auszuwählen und uns mit der Druckerei in Kontakt zu setzen. Was sprach nochmal gegen meine ursprüngliche Projektidee, einen Architekturworkshop für Kinder zu erarbeiten? Ehrlich gesagt erinnere ich mich nicht wirklich. Dabei ist der Bastelbogen nach dem Vorbild der Kirche, die im Skansen steht, fast fertig. Mein Plan war es, Kinder ihre eigenen Kirchen basteln zu lassen und dabei zu erklären, was typische Elemente masurischer Dorfkirche sind, wo der Altar steht, was die Predella ist, etc.

Egal. Wahrscheinlich kommt mein Bogen noch während eines Stadtfestes in Olsztynek zum Einsatz. Monika meinte, ich dürfe dann meinen eigenen Bastelstand betreuen. Insofern bin ich zufrieden.

Endlich haben Hannah und ich am Donnerstag zudem neue Vogelscheuchen gebastelt, eine Aufgabe, von der schon lange die Rede war. Unsere „Strachy na wróble“ haben zwar nicht so schöne Köpfe wie die alten, sie sind aber trotzdem gut geworden, finde ich.

Wir bauen Vorgelscheuchen

Noch eine Neuigkeit: Vor einer Woche hat das erste Kaltblut sein Fohlen zur Welt gebracht. Das Kleine ist noch etwas wacklig auf den Beinen und erinnert von den Proportionen her etwas an Abbildungen von Vorfahren der heutigen Pferde. Der Fohlen der Koniki Polskie ähnelt mit ihren dunkelnden Köpfen und wachsenden Mähnen derweil immer mehr ihren Eltern.

So, das soll erst mal reichen. Genug geschrieben über die vergangenen Wochen. Falls irgendjemand bis hier unten gelesen hat: Ich hoffe, es war irgendetwas Interessantes dabei und nicht bloß lahme Plauderei aus dem Nähkästchen. Und vielleicht bis zum nächsten Blogeintrag! 😉

Ach, und irgendwie bin ich wohl zu blöd für dieses Programm… Die Bilder hier machen einfach nicht das, was sie sollen!

Palmwedel und ich

Ein Osterkörbchen füllen, ein gesegnetes Frühstück teilen und sich am „nassen Montag“ aus dem Haus wagen – darauf, Ostern in Polen zu verbringen, hatte ich mich schon lange gefreut. Abgesehen davon, dass ich mir das wichtigste katholische Fest in einem katholischen Land noch um eine Ecke feierlicher vorgestellt hatte, wollte ich unbedingt polnische Ostertraditionen hautnah miterleben.

Die Feiertage sollten letztendlich unspektakulärer werden als erwartet, schön waren sie aber trotzdem. Bereits drei Wochen im Voraus wirkte sich Ostern auf meine Arbeit aus. Wie auch in der Adventszeit bot das Museum eine Woche lang thematische Workshops für Schulklassen an. Das hieß für mich erneut, Bastelmaterialien vorzubereiten. An Stelle von Schleifen durfte ich nun Blumen aus Kreppapier falten, mit denen die Kinder später selbst gebastelte Palmwedel (die hier viel bunter ausfallen, als ich sie aus Nordrhein-Westfalen kenne) bestücken sollten. Statt Engelsschablonen zuzuschneiden, schnitt ich diesmal Papier für Hasen- und Hühnerfiguren zurecht. Einige der Bastelkurse durfte ich schließlich selbst anleiten – immerhin ein kleines Erfolgserlebnis.

Eine weitere Parallele zu der Vorweihnachtszeit war der Ostermarkt Olsztyneks. Wie bereits im Dezember – und bei ähnlichen Temperaturen – wurden auf dem Marktplatz regionale Lebensmittel und andere handgefertigte Produkte angeboten. Ich war zum Glück die meiste Zeit über damit beschäftigt, gemeinsam mit Monika einen Bastelstand im Ausstellungsgebäude zu betreuen und Kinder dazu anzuregen, überdimensionale Pappeier zu verzieren. So musste ich nicht frieren und konnte mit halbem Ohr den Konzerten und Tanzeinlagen lauschen, die weiter vorne in der ehemaligen Kirche stattfanden. Zu beobachten, wie Kinder am benachbarten Stand, ebenfalls vom Skansen betreut, Kekse oder „Mazurek“, den zu Ostern üblichen Mürbeteigkuchen, bemalten, war ebenfalls ein entspannender Zeitvertreib. Wenn bei uns der Andrang gerade mal nicht groß war, versteht sich. 😉

In der darauffolgenden Woche brachen für mich richtige Osterferien an, denn da ich Besuch von meiner Mutter und meinen Geschwistern erhielt, bekam ich einige Tage frei. „Du musst doch deiner Familie auch etwas von der Umgebung zeigen!“, so Monika. Leider hatten wir nicht genug Zeit, viele andere Ortschaften in der Umgebung zu besichtigen, doch auch Olsztyn hält schließlich genug Sehenswürdigkeiten für eine Woche bereit. Also zeigte ich meiner Familie die Stadt und meinen Arbeitsplatz. Einen Vormittag verbrachten wir in Ostróda (Osterode), Karfreitag verabschiedeten wir uns wieder voneinander.

Karsamstag färbten Helena und ich einige Eier, von denen ich zwei in mein Osterkörbchen legte, für das ich außerdem ein Brötchen, ein Stück Käse, Butter und Salz besorgt hatte. Zwei von mir auf dem Ostermarkt verzierten Plätzchen ka
Wir Freiwilligen hatten geplant, uns am Ostersonntag gegen zehn zu treffen, um nach polnischer Tradition bei einem men ebenfalls hinein, dann machten Helena, Christiane und ich uns auf in die Kirche, wo ein reges Treiben herrschte. Zunächst etwas verunsichert, stellte ich den Korb schließlich auf einen bereits recht vollen Tisch vor den Altar und setzte mich in die Bank und wartete darauf, dass der Pastor eine kurze Ansprache hielt. Wir beteten das „Vater unser“, er segnete die Lebensmittel mit Weihwasser, erinnerte an die Gottesdienstzeiten der folgenden Tage, fertig. Die ganze Zeremonie hatte wenige Minuten gedauert. Ich nahm glücklich unser künftiges Frühstück an uns, während bereits die nächsten Menschen hereinströmten.

Mein Osterkörbchen

Wir Freiwilligen hatten geplant, uns am Ostersonntag gegen zehn zu treffen, um nach polnischer Tradition bei einem gemeinsamen Frühstück die gesegneten Speisen zu teilen. Ich glaube, wir begannen um zwölf zu essen. Für die Verzögerung sorgte die Zeitumstellung, mit der niemand von uns gerechnet hatte. Als Helena und ich uns dann endlich mit dem Korb sowie einem noch warmen Hefezopf im Gepäck auf den Weg gemacht hatten, fuhren uns die wenigen Linien, die in Betrieb waren, vor der Nase weg.

Trotz des etwas chaotischen Starts gestaltete sich der Rest des Tages sehr ruhig: Wir saßen in der Küche der anderen, die aus gegebenem Anlass frische Brötchen gebacken hatten, und aßen. Und redeten.

Obwohl ich es mir vorgenommen hatte, war ich weder Samstagabend, noch Sonntag, noch Montag in der Messe. Es ergab sich irgendwie nicht. Schade, aber dafür verbrachte ich am endlich mal wieder einen Vormittag mit lesen. Nachmittags stampften Christiane und ich gemeinsam durch den Schnee. Wer hätte gedacht, dass uns am Ostermontag 30 cm Neuschnee erwarten würden?

Eigentlich hatte ich die leise Hoffnung, während des Spaziergangs etwas vom berüchtigten „Śmigus Dyngus“ mitzubekommen. In  Polen ist es Gang und Gebe, sich am Ostermontag mit Wasser zu bespritzen. Zur Herkunft des Brauchs gibt es verschiedene  Theorien. Möglich, dass er seine Wurzeln in einem heidnische Reinigungs- und Fruchtbarkeitsritual hat; möglich jedoch auch, dass er auf die Taufe des polnischen Königs Mieszko I. zurückgeht. Auf jeden Fall liest man an vielen Stellen, dass ursprünglich nur hübsche Mädchen von der männlichen Bevölkerung mit Wasser überschüttet worden seien. Als schlechtes Omen habe es gegolten, als junge Frau am „nassen Montag“ trocken zu bleiben: Dies soll die Heiratschancen vermindert haben.

Uns begegneten auf unserem Spaziergang leider nur einige Kinder, die sich mit Schneebällen bewarfen (was sie wahrscheinlich auch an jedem anderen Tag getan hätten). Für Streiche mit Wasser war es anscheinend zu kalt. Na ja, es hatte eh keine von uns vor, in diesem Jahr vor den Altar zu treten…

 

Jetzt, anderthalb Wochen nach Ostern, liegt immer noch Schnee. Es ist allerdings schon weniger geworden. Angeblich soll das Wetter noch diese Woche die 10°-Marke knacken – schön wär’s. In den vergangenen Tagen sind die Temperaturen tatsächlich gestiegen, allerdings habe ich inzwischen gelernt, der maurischen Witterung zu misstrauen. Erst wird man mit Sonnenschein und Tauwetter geködert, darauf folgt Schnee.

Die Geburtenrate im Museum scheint der unverhältnismäßig lange Winter nicht zu beeinflussen. Heute Morgen begrüßt mich Monika freudestrahlend mit den Worten „Frania, wir haben ein kleines Pferd!“ Kraikas Sohn ist geboren worden. Somit gibt es hier nun schon zwei Fohlen. Während Najkonka zwischen den Bäumen herumspringt und versucht, Schneehaufen zu erklimmen, ist das neue Fohlen noch etwas wacklig auf den Beinen.

 

Links das neue Fohlen, rechts Najeli und Najgonka

Erste Frühlingsgefühle

Ich freue mich auf Ostern. Darauf, am Ostersonntag ein Körbchen mit Brot, einem Ei und Salz zu füllen, um es von einem Priester segnen zu lassen, und auf die Bastelkurse im Skansen. Ich will warme Farben um mich haben und Ostergebäck essen.

Mit noch mehr Vorfreude erwarte ich die warme Jahreszeit. Zu vielen Ausflügen in die Umgebung bin ich leider noch nicht gekommen, das soll sich ändern. Ich will wieder an die frische Luft, und zwar bald!

Tatsächlich liegt bereits eine Woche mit traumhaftem Wetter hinter mir. Frühlingsgefühle habe ich schon länger, aber mit Monika und Pani Wiesia, meinen beiden Chefinnen aus dem Büro, über das in Sonnenschein getauchte Gelände des Skansens zu spazieren und zum ersten Mal die Gelegenheit zu bekommen, selbst eine Pferdekutsche zu lenken – wenn auch nur für wenige Minuten – hat diese Empfindungen intensiviert. „Przedwiośnie“, „Vorfrühling“ eben, wie Monika erklärte. Ob es diesen Begriff auch im Deutschen gebe.

– „Nein, nie gehört.“

Ich hätte geschworen, dass es im Deutschen nur Frühling, Frühsommer, Hochsommer, Spätsommer, Herbst und Winter gebe, bis mir der Ausdruck ausgerechnet einen Tag später in einem Buch begegnete und ich ihn ebenfalls im Internet fand. Interessant.

 

Dzień kobiet

Auch außerhalb der Arbeit schien der Frühling mit einem Mal zum Greifen nahe, als anlässlich des „Tags der Frau“ am Freitag Blumenstände aus dem Boden schossen und einem auf Schritt und Tritt glückliche Menschen – beschenkte Frauen wie schenkende Männer- mit Tulpen in der Hand begegneten. Selbst ich bin an eine Blume gekommen, da im Fitnesstudio welche an die Kundinnen verteilt wurden. Dass der Tag der Frau derart gefeiert wird, war für mich eine Überraschung, wenn auch eigentlich eine ganz angenehme. Die Warnung, die Hannah und ich auf der Arbeit erhalten hatten – wir sollten uns nicht zu sehr über das Wetter freuen, es lägen schließlich noch der Großteil des Märzes, der April und der Mai vor uns – konnte man im Angesicht all dieser Lebendigkeit und Freundlichkeit doch gar nicht ernst nehmen.

Tja, falsch gedacht. Wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, sehe ich eine Farbe: Weiß. Seit vorgestern schneit es durchgehend.

 

Nachwuchs

Trotzdem! Der Kampf des Frühlings gegen den Winter geht offensichtlich weiter, auch wenn unser Favorit einen kleinen Rückschlag einstecken musste. Die Koniki polskie verlieren wie verrückt ihr Winterfell. Streicht man ein Mal über ihren Rücken, hat man gleich ein Haarbüschel in der Hand. Wie meine Kleidung nach mehrstündigem Striegeln – übrigens eine wahre Sisyphusarbeit – aussah, kann man sich vorstellen.

UND: Am Sonntag hat das Erste der Koniki polskie  ein Fohlen zur Welt gebracht. Einen Namen trägt es noch nicht, hüpfte am Montag aber schon ganz fröhlich über die Weide (einige Fotos sind zu bewundern unter http://www.muzeumolsztynek.com.pl/index.php?option=com_phocagallery&view=category&id=26:narodziny-zrebaka&Itemid=143), bis es mit seiner Mutter Najeli auf Grund der Kälte vorübergehend in einem Stall untergebracht wurde. Drei weitere Fohlen werden bald folgen. Wenn das kein Anzeichen dafür ist, dass Lenz letztendlich über Väterchen Frost triumphieren wird?

 

Halbzeit: Zwischenauswertung in Berlin

Dass der Frühling naht, heißt leider gleichermaßen, dass ich nur noch ein halbes Jahr in Olsztyn habe. Die ersten Monate hier sind wie im Flug vergangen, nun stehen plötzlich schon unsere Nachfolger fest. Die kommenden Monate werden wahrscheinlich noch schneller vergehen. Sobald ich an den Wochenenden mehr unternehme und im Skansen die Hochsaison beginnt, bemerke ich wahrscheinlich kaum, wie sich mein Freiwilligendienst seinem Ende zuneigt. Dabei habe ich noch so viel vor. Besser Polnisch zu lernen, beispielsweise.

Dass es den meisten anderen Pax-Christi-Freiwilligen nicht anders ergeht, wurde auf unserem Zwischenauswertungsseminar, das Ende Februar in Berlin stattfand, offensichtlich. Ich muss zugeben, dass ich ursprünglich keine sonderlich große Lust auf die Woche in einem Tegler Waldstück hatte – nicht etwa, weil ich mich nicht gefreut hätte, alle wiederzusehen, sondern vielmehr, weil ich nicht schon wieder zurück nach Deutschland wollte. Letzten Endes hat es sich allerdings gelohnt. Das Programm war weniger umfangreich als in Berterath, sodass kein Stress aufkam. Es sollte uns überwiegend dabei helfen, den bisherigen Verlauf unseres Freiwilligenjahres auszuwerten, Erfahrungen auszutauschen und Perspektiven zu entwickeln. Höhepunkte des Seminars waren daneben eine Führung durch Kreuzberg mit abschließendem Essen in einem türkischen Restaurant, das Gespräch mit einem Abgeordneten für Entwicklungspolitik und unser letzter gemeinsamer Abend, den wir in einem indischen Restaurant ausklingen ließen.

Insgesamt war es einfach toll, mit den anderen zu reden und Spaß zu haben – ich vermisse alle schon wieder ein wenig-, obwohl teilweise kritisiert wurde, dass keine rechte Dynamik in die Gruppe kommen wollte. Lag wohl zu großen Teilen an der Jahreszeit: Es ist etwas anderes, ob man sich in der Mittagspause auf einer Sofaecke drängt (vielleicht einige Minuten schaukeln oder spazieren geht) oder ob alle nach draußen strömen, um sich wie in Berterath im Gras zu fläzen.

Ja, Berterath hat schon seinen ganz eigenen Reiz. Und so muss ich sagen, dass ich mich gewissermaßen schon auf unsere Schlussauswertung freue, die erneut in dem 36-Seelen-Dorf hinter der belgischen Grenze stattfinden wird. Möge diese Woche trotzdem noch fern bleiben, denn jetzt freue ich mich zunächst auf weitere spannende Monate hier in Polen.

Wie gesagt, ich habe noch viele Pläne.

Erst vorgestern habe ich mir vorgenommen, wieder einen Blogeintrag zu schreiben, wenn etwas Interessantes passiert. Ich finde, heute ist es schon so weit, schließlich war ich vor heute Mittag noch nie bei einer Operation dabei – abgesehen natürlich von den paar Mal, als ich selbst auf dem Operationstisch lag, und bei denen ich glücklicherweise nicht bei Bewusstsein war.

Heute jedoch wurde dem Pferd Kraika ein Pilz entfernt, der trotz monatelanger Behandlung durch diverse Medikamente

nicht besser werden wollte. Hannah und ich durften zuschauen und den Eingriff dokumentieren. Wir beide waren erstaunt, wie schnell der Tierarzt das betroffeneStück Haut herausschnitt. Kaum hatte er das Skalpell angesetzt, war er auch schon fertig. Wobei mich das Prozedere durch die leichten Reißbewegungen, die notwendig waren, um das weißliche Gewebe zu durchtrennen, leicht an die Vorbereitung eines Stück Bratens vor dem Garen erinnert haben. Ist ja eigentlich auch das gleiche Prinzip.

Tatsächlich ging das eigentliche Schneiden viel schneller von statten als die Vorbereitung (Rasur, Desinfektion, Ansetzen mehrere Betäubungsspritzen, Abwarten bis die Betäubung wirkte) und die abschließende Behandlung der Wunde (Nähen, Säuberung, Aufbringen einer ätzenden Chemikalie und Schutz der Wunde durch eine aus altem Jeansstoff genähten Decke).

Kraika war zwar verständlicherweise nervös, erhielt sie doch nur eine örtliche Betäubung, da Pferde sich schnell verletzen, wenn sie nach einer Vollnarkose benommen aufstehen. Allerdings machte bloß einen ernsthaften Versuch, der Situation zu entkommen. Ansonsten verhielt sie sich relativ ruhig, und als sie nach der Operation auf die Weide entlassen wurde,  schien es ihr nicht sonderlich schlechter zu gehen als gewöhnlich.

Ich kann mir vorstellen, dass so gut wie jeder, der auch nur ein Praktikum an einem Krankenhaus gemacht hat, geschweige denn Medizin studiert oder bereits einem medizinischen Beruf nachgeht, unappetitlichere oder zumindest ernstere Eingriffe gesehen hat. Auch Tomek meinte, solch eine kleine Operation sei Anfängerkönnen für Veterinärmediziner. In einem anderen Stall hätten sie mal ein Pferd operieren müssen, dem ein Stock ca. dreißig Zentimeter tief in der Brust steckte. „Das Tier hat überlebt, ihm geht’s wieder gut. Aber hinterher ist überall Blut. Sogar in deinen Taschen.“

Trotzdem war es recht spannend, und ich habe eine zumindest etwas genauere Vorstellung von der Anatomie eines Pferdes. Und mir wurde trotzdem bestätigt, was ich ohnehin schon wusste: Ich selbst werde keine Tierärztin werden, obwohl dies als Kind eine Zeit lang mein Wunsch war – wie der Wunsch vieler Kinder. Und ich werde keine andere Form von Medizin studieren. Gelegentliches Zuschauen reicht vollkommen. Metzger werde ich übrigens genau so wenig. Was für mich als Vegetarierin eh nie in Frage kam.

Sankt Martin

Kaum zu glauben, wie ich diesen Blog in letzter Zeit vernachlässigt habe. Da wollte ich davon berichten, wie unser Sankt Martins-Projekt bei den beteiligten Kindergartenkindern angekommen ist, wie wir mit ihnen gebacken haben (dabei allerdings kaum etwas zu tun hatten, weil die Kindergärtnerinnen das Meiste selbst in die Hand genommen haben), wie sie Laternen aus Plastikflaschen basteln durften (es musste gespart werden) und wir letztendlich mit unseren Lichtern durch die Stadt gezogen sind (gegen vier Uhr – es war noch hell).

Vielleicht hätte ich auch erwähnt, dass die Kinder unser kleines Theaterstück trotz unseres deutschen Akzentes verstanden haben. Den Text hatte zuvor unser Sprachlehrer mit uns geschrieben, sonst hätten wir unser Publikum wahrscheinlich allein durch einen Haufen grammatikalischer Fehler verwirrt. So war es jedoch anscheinend zufrieden mit uns – und als Elisa alias Marcin mit einem Schwertstreich ihren/seinen Mantel zerteilte, ging ein bewunderndes Raunen durch die Gruppe der versammelten drei- bis sechs-jährigen.

Das alles hätte ich etwas ausführlicher beschrieben. Doch ehe man sich’s versieht, liegen die besagten Ereignisse bereits mehr als einen Monat hinter einem. Selbst die Weihnachtsfeiertage sind bereits vorbei. Leider.  Gestern bin ich aus Hamm zurück gekommen, was ich eigentlich gar nicht zu laut sagen, beziehungsweise zu GROß SCHREIBEN sollte. Schließlich nehme ich inoffiziellen Urlaub, ohne bei meiner Aufnahmeorganisation einen Antrag eingereicht zu haben. Was soll’s, ich versuche deswegen kein allzu schlechtes Gewissen zu haben. Monika vertritt wie wohl die meisten im Museum die Meinung, dass ich ruhig ein paar zusätzliche Tage frei nehmen könne, da ich mehr arbeite als für EVS-Freiwillige vorgesehen. Gleiches gilt übrigens für Hannah. Hinzu kommt, dass zwischen Weihnachten und Neujahr eh so gut wie niemand im Skansen ist.

 

Advent, Advent

Schließlich habe ich mich also entschlossen, die Feiertage mit meiner Familie zu verbringen, obwohl ich lange hin- und hergerissen war. Natürlich wäre es schön gewesen, polnisches Weihnachten zu erleben, aber auch die anderen Freiwilligen sind zu ihren Verwandten gefahren. Ich  hatte deswegen ein bisschen Sorge, niemanden zu finden, mit dem ich hätte feiern können.

Letztendlich habe ich diese Entscheidung nicht bereut, sondern zwei entspannte Wochen zu Hause genossen und mich gefreut, Familie und Freunde wieder zu sehen. Einige polnische Traditionen hatte ich bereits in der Adventszeit kennen gelernt, wie beispielsweise auf der Weihnachtsfeier des Verbands der deutschen Minderheit, zu der uns einige Mentoren eingeladen hatten. Nach einer Ansprache bekam dort jeder eine Hostie. Nun wünschte man nach Möglichkeit jedem einzelnen Anwesenden alles Gute für die Zukunft, während man ihm ein Stückchen der eigenen Hostie abbrach und ebenfalls ein Stück seiner Hostie entgegennahm.

Sehr schön war die Weihnachtsfeier des Skansens, die im Rahmen eines opulenten Mittagsessens stattfand. Die obligatorische Suppe zur Vorspeise, Kompot (eine Art Saft), Brot mit sauren Gurken und Schmalz, Kohl, Pierogi, Kohlrouladen, Kartoffeln, verschiedenen Fischgerichte, warmes Bier und Apfelkuchen wurden aufgetischt. Fleisch isst man hier Weihnachten nicht, da der Advent, einschließlich des vierundzwanzigstens, ja eigentlich Fastenzeit ist. Nicht fehlen darf stattdessen Karpfen.

Auch im Skansen wurden Hostien und Wünsche ausgetauscht. Dieses Ritual ist wahrscheinlich der Grund, weshalb man im Supermarkt Weihnachtskarten mit Hostien kaufen kann, was mich zunächst ein bisschen irritiert hat.

 

Wochen im Zeichen des Bastelns

Was meine Arbeit angeht, war die Adventszeit nicht sonderlich anstrengend. Abgesehen von einem Sonntag, an dem Hannah und ich bei dem Weihnachtsmarkt in Olsztynek geholfen haben, wo das Skansen mit einem Bastelstand und einer Krippe vertreten war, habe ich überwiegend Material für Workshops vorbereitet. Eine Woche lang besuchten täglich Schulklassen das Museum, um unter Anleitung Weihnachtsschmuck herzustellen. Das heißt, die Kinder knüpften Girlanden aus den Schleifen, die Hannah und ich gefaltet hatten, bastelten Engelchen aus Pappe und Kreppapier sowie Mäuse aus Eiern und Pappe und verzierten Plätzchen.

Im Grunde fand ich es schade, musste im Nachhinein aber herzhaft über Pani Wiesias (Pani Wiesia ist Chefin der Architekturabteilung im Museum) Ablenkungsmanöver lachen: Nachdem die Kinder in ihrem Workshop mit Enthusiasmus Plätzchen ausgestochen hatten, schob sie eins der Bleche in den Ofen, erklärte, die Plätzchen würden nun gebacken, nur um das Blech mit einer beiläufigen Bewegung wieder herauszuziehen. Daraufhin lotste sie die Gruppe zum Händewaschen in die Toilettenräume. Kaum hatte sie die Tür hinter den Schülern geschlossen, griff sie mit beiden Händen nach den ausgestochenen Lebkuchen („Los, Franja! schnell, schnell!“), zerdrückte sie und knetete sie zu einem neuen Teigklumpen zusammen. Den zurückgekehrten Kindern wurde erklärt, es dauere zu lange, zu warten, bis die Kekse fertig seien. Stattdessen bekam jeder Schüler bereits fertige Plätzchen, die er verzieren durfte.

Das mag gemein klingen, aber es wäre wohl einfach zu viel Arbeit gewesen, für jede einzelne Gruppe neuen Teig herzustellen. Ich gehe nicht davon aus, dass eines der Kinder diesen Blogeintrag liest und versteht, dass sein Weltbild erschüttert wird und es von nun an mit einem Trauma leben muss. Wenn doch, tut’s mir Leid.

 

Man kommt herum

Ein wenig mit Kindern zu tun hatte ich ebenfalls während eines Projekts in der Nähe Lublins, bei dem wir deutschen Freiwilligen aus Olsztyn gemeinsam mit polnischen und ukrainischen Freiwilligen eine Nikolausfeier für Kinder aus der Umgebung vorbereitet haben. Am 6. Dezember strömten die Kinder nur so zu dem ehemaligen Bauernhof, wo wir eine Woche lang untergebracht waren und wo sie in Altersgruppen unterteilt wurden. Bis zum Abend durften sie an verschiedenen Stationen nach einem aus organisatorischen Gründen recht strengen Zeitplan basteln, spielen oder sich schminken lassen. Abschließend bekam jedes Kind ein Geschenk überreicht. Andrzej, der das Projekt seit mehreren Jahren beaufsichtigt, meinte, viele Familien aus den kleinen Dörfern um Lublin herum seien nicht besonders wohlhabend, sodass viele Kinder ansonsten gar keine Geschenke bekämen.

Die Feier war ein Erfolg, allerdings hätten die Vorbereitungen noch mehr Spaß gemacht, hätten wir Deutschen uns weniger abgekapselt. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich wenige der anderen Teilnehmer näher kennen gelernt habe, doch ändern kann ich nun nichts mehr daran.

Immerhin war es schön, ein wenig herum zu kommen und andere Teile Polens zu sehen. Helena und ich waren direkt aus Warschau, wo wir ein einwöchiges Seminar hatten, nach Lublin gereist. Hannah, Elisa und Christiane hatten ihr Seminar bereits eine Woche vor uns absolviert und waren hellauf begeistert. Helena und ich fanden es beide nicht ganz so informativ, da wir schließlich schon eine lange Vorbereitungsphase hinter uns hatten und unsere Arbeit etwas früher aufgenommen hatten als manche der anderen Teilnehmer. Trotzdem war es nett, andere Freiwillige zu treffen und ein paar Ecken von Warschau zu sehen.

So, jetzt habe ich glaube ich das Wichtigste, was in den vergangenen Wochen geschehen ist, zusammengefasst. Falls jemand diesen Eintrag liest und Fragen hat, kann er oder sie sich ja gerne melden. 🙂 Ich bin mal gespannt, wie die kommenden Wochen im Skansen werden. Falls etwas Spannendes passiert, kommt der nächste Blogeintrag.

Bis dahin viele Grüße aus dem schönen Olsztyn!

Streichereien

Ich sitze im Büro, draußen regnet es, heute haben Hannah und ich nicht so viel Wichtiges zu tun. Nachdem wir in der vergangenen Woche die Innenwände der Geflügelställe mit einer Kalzium-Mischung gestrichen haben, werden wir heute Nachmittag in besagten Ställen die Fenster putzen.  Während sich die Hühner, Gänse, Enten und Truthähne bisher frei auf dem Gelände des Skansens bewegen durften, werden sie den Winter drinnen verbringen. Leider sind die teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammenden Ställe recht dunkel. Um den Tieren so viel Licht wie möglich zu verschaffen, muss Tomek mit einigen Tricks arbeiten: Beispielsweise hat er die Original-Türen der Gebäude durch Tore aus zusammengenagelten Holzlatten ersetzt. Auch die weiße Farbe der Wände trägt dazu bei, das Licht im Innern zu reflektieren. Vor allem wirkt Kalzium jedoch desinfizierend, weshalb wir nicht jede x-beliebige Farbe benutzt haben.

Inzwischen spürt man den nahenden Winter. Um vier Uhr beginnt es zu dämmern, wir hatten bereits Schnee und Minusgrade. Obwohl die Temperatur in den letzten Tagen wieder gestiegen und es eher unangenehm nass als kalt ist, hat sich während des langen Wochenendes, das hinter uns liegt, zum Glück auch ein paar Mal die Sonne blicken lassen. Als Helena, Hannah, Elisa (sie arbeitet in einem Kindergarten) und ich gestern Nachmittag einen Spaziergang um einen der Seen unternommen haben, waren Himmel und Wolken von einem rötlichen Glanz überzogen. Und als wir uns schließlich bei einbrechender Dämmerung auf den Heimweg machten, stieg über dem Wasser bereits Nebel auf. Malerisch.

 

Fest der Heiligen

Fast so faszinierend wie das Meer aus Lichtern, das uns am Donnerstag auf dem Friedhof empfing. Egal ob ehemalige Freiwillige, unsere Mentoren oder unser Sprachlehrer: Alle hatten uns geraten, uns Allerheiligen in Polen keinesfalls entgehen zu lassen. Recht hatten sie, schließlich wird dieser katholische Feiertag hier noch viel intensiver begangen als in Deutschland. Jeder pilgert auf den Friedhof, um Andachten für die Verstorbenen beizuwohnen und Laternen anzuzünden. Sogar die Busse waren am ersten November kostenlos.

Einen Gottesdienst haben wir zwar nicht erlebt, doch es war schon ein Erlebnis, am Abend über den Friedhof zu wandern. Es gab kein Grab, das nicht mit mehreren Lichtern und frischen Blumen geschmückt war. Richtete man den Blick einfach nur gerade aus, verschmolzen Grabsteine und Wege mit der Nacht. Alles, was man nun noch ausmachen konnte, waren der Schein unzähliger kleiner Feuer, hinter rotem, grünem und weißem Glas, die sich die Hügel hinauf und hinunter zogen. Das hatte nichts Beklemmendes. Es war schön, beinahe behaglich. Ich glaube, mir gefällt diese Art, den Toten zu gedenken und den Tod als Teil des Lebens anzunehmen.

 

 

 

Und was noch?

Was gibt es ansonsten Neues? Ich saß inzwischen zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder auf einem Pferd. Tomek will uns bei Gelegenheit wieder reiten lassen. Heute Nachmittag beginnen wir Freiwilligen, das Deutsch-Sprachcafé im Kulturzentrum Planeta11 zu leiten. Das ist eine Art Konversationskurs, der von nun an wöchentlich stattfinden wird.  Schon unsere Vorgänger haben sich neben ihrer eigentlichen Arbeit ein wenig für Planeta11 engagiert, das tun wir ihnen jetzt gleich. Ist vielleicht auch eine schöne Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen.

Ein weiteres Projekt steht diese Woche an: Wir werden mit Kindergartenkindern auf deutsche Art Sankt Martin feiern. Laternen basteln, ein Lied lernen und Martinshörnchen backen. Obwohl Helena und ich ja nur Martinsbrezeln kennen. Sie möchte eh lieber Weckmänner backen. Elisa (aus Freiburg): „Was sind denn Weckmänner?“ Ich: „Bei uns heißen die ‚Stutenkerle‘.“ Hannah aus Zwickau ist empört, dass wir keine Reformationsbrötchen kennen. Und schon beginnt eine neue Diskussion über regionale Speisen und vor allem Dialekte.

Meine Beute[gallery link="file"]

 

 

 

 

„Pilze zu sammeln ist in Polen eine Art Volkssport“, steht in meinem Reiseführer. In diesen „Sport“ wurde ich von meinen Mentoren im Skansen nun auch eingeführt. Nachdem wir auf dem Gelände des Skansens ein paar Butterpilze gesammelt hatten, haben sie mich letztes Wochenende mit in den Wald genommen. Monika und Tomek hatten letztenendes zwar beide eine ca. drei Mal so große Ausbeute wie ich Anfängerin, aber mit der Zeit wurde ich schon besser darin, die essbaren Pilze aufzuspüren. Habe ich gestern zubereitet. und zu den selbst ausgebuddelten Kartoffeln, die bloß mit Pferdemist gedüngt wurden, gegessen. „Früher war das normal.“, meinte Helena trocken. Na und? Heutzutage in Industrieländern ja wohl kaum noch.

Hier im Museum ist ansonsten alles beim Alten. Da es kälter und nasser wird, arbeite ich inzwischen mehr im Büro. Heute hat Tomek Hannah und mir allerdings eine Art Unterrichtsstunde im Umgang mit Pferden gegeben, damit wir lernen, uns gegen sie durchzusetzen.

In unserer Freizeit unternehmen wir sechs Freiwillige bei Borussia öfters etwas zusammen, manchmal auch mit unseren Borussia-Mentoren. Das sind junge Menschen, die sich für den internationalen Austausch engagieren, indem sie uns im Alltag helfen und zeigen, was man in Olsztyn so alles machen kann. Einmal waren wir in dem Stummfilm „Orlacs Hände“, der in der Philharmonie mit Lifemusik (Rock) gezeigt wurde. Gefiel mir wirklich gut!

Auch warmes Bier oder „Glühbier“ haben wir mit zwei unseren Mentoren probiert. Das Bier ist gesüßt und mit Gewürzen sowie Trockenfrüchten aromatisiert. Was in deutschen Ohren zunächst seltsam klingen mag, hat fast uns allen gut geschmeckt. Kann ich weiterempfehlen, zumindest im Herbst und Winter.

Und wieder ist eine Woche um. Kaum zu glauben, dabei wollte ich eigentlich gleich am Montag etwas über das Erntefest am vergangenen Sonntag schreiben. Habe getrödelt wie immer, also wird das jetzt nachgeholt.

Während des Festes hatte ich nicht die ganze Zeit über zu tun, schön war es aber trotzdem. Nachdem ich dem Kaltblut Olka Zöpfe geflochten hatte, konnte ich mich anderthalb Stunden lang auf dem Gelände des Freilichtmuseums umsehen, da meine Chefin Monika erst um zwölf mit dem Brotbacken anfangen wollte. Ich glaube, um zwölf wurde die Veranstaltung offiziell eröffnet, denn um diese Zeit fand auch der festliche Umzug mit Olka statt, an dem einige Politiker teilnahmen.

Doch Teile des Programms begannen bereits früher, sodass ich mich nicht neunzig Minuten lang langweilen musste. Wie zu erwarten gewesen war, gab es einen Markt, auf dem Produkte aus der Region angeboten wurden. Außerdem waren Gruppen von Bauernhöfen, aus anderen Museen oder Vereinen da, die kunstvoll aus Heu geformte Figuren präsentierten und dazu Volksmusik zu Besten gaben. In jede Skulptur war ein Brot eingearbeitet, auf dem etwas wie „Erntedank 2012“ stand. Anscheinend wurden abschließend die besten Skulpturen ausgezeichnet.

Leider habe ich von diesem ganzen Spektakel keine Fotos gemacht, ebenso wenig von Olka. Den Umzug habe ich noch nicht mal mitbekommen, da Monika und ich inzwischen mit dem Backen angefangen hatten. Und zwar auf die mittelalterliche Methode in der Rekonstruktion eines Lehmofens. Dazu haben wir Schüsselchen mit Kohl ausgelegt, bevor der Teig hinein gegeben wurde. Die primitive Form des Backpapiers. Finde ich eigentlich ziemlich genial.

Was dann mit den Schüsseln geschah, kann sich wohl jeder denken: Abgedeckt kamen sie in den Ofen direkt ans Holzfeuer. Danach hieß es erst mal warten, so ungefähr vierzig Minuten. Manchmal mussten lediglich die Kohlblätter ausgetauscht werden, wenn diese drohten zu verkohlen. Zwischendurch kamen Besucher vorbei, ließen sich von Monika erklären, was wir da taten, und gingen weiter, um Korn zu dreschen oder Mehl zu mahlen.

Das Wetter war übrigens recht stürmisch und kalt, aber mit einer Strumpfhose, einer Leggings, einem langen Trachtenrock  , drei Pullis, meiner Regenjacke (die immer noch nach Rauch riecht) und einem um den Kopf geschlungenen Schal war es nicht so schlimm.

Die vergangenen Tage wurden wieder wärmer. Glücklicherweise auch überwiegend trocken, denn wir haben vier Tage lang Kartoffeln geerntet. Jetzt sind wir fertig (hier sollte ein Ausruf stehen, der gleichermaßen Zufriedenheit, Freude, Stolz und ein bisschen Erleichterung ausdrückt, aber „Juchuh“ wirkt ausgeschrieben irgendwie leicht albern)! Ich habe leichten Muskelkater, vor allem in den Oberschenkeln, obwohl wir jeden Tag bloß etwa zwei bis drei Stunden bei der Ernte verbracht haben. Es ist schon anstrengend, sich die ganze Zeit zu bücken und volle Eimer zu tragen. Jedenfalls bedaure ich die Kinder, die diese Arbeit früher zwei Wochen lang den ganzen Tag verrichten mussten.

Egal, gerade haben Helena und ich welche von den Kartoffeln aus dem Skansen (dem Museum) gegessen. Selbst gesammelt und bloß mit Pferdemist gedüngt gleich doppelt so lecker wie Knollen aus dem Supermarkt.

 

Auf Richtung Osten

Freitag, der 14.9.: Ich stehe an der Bushaltestelle des Westausgangs des Hauptbahnhofs, an dem ich schon öfters beim Vorbeifahren mit schweren Koffern bepackte Menschen gesehen habe. Leute, die diese Koffer in einen Bus mit polnischem Kennzeichen wuchten lassen und nach Hause zurückkehren oder Verwandte besuchen. Jetzt bin ich selbst eine von ihnen (auch wenn ich mich von anderen Passagieren durch einen Mangel an Polnisch-Kenntnissen unterscheide), suche unter dem Dach der Haltestelle Schutz vor dem Regen und hoffe, dass ich nicht irgendwie das falsche Ticket ausgedruckt habe, von einer nicht existierenden Reisegesellschaft betrogen wurde oder einfach zu blöd war, die Abreisezeit auf meiner Fahrkarte richtig zu lesen. Man weiß nie. In solchen Situationen traue ich mir die größten Missgeschicke zu.

Doch einige Zeit, nachdem ich mich von meinen Großeltern verabschiedet habe, die mich netterweise zum Bahnhof gebracht hatten, kommt tatsächlich ein Bus. Erleichtert nehme ich zur Kenntnis, dass der Busfahrer bestätigt, er fahre nach Olsztyn. Wie peinlich wäre es schließlich, müsste ich meiner Aufnahmeorganisation Borussia am Samstag mitteilen, dass ich leider in Breslau gelandet sei!

Obwohl mich drei auf polnische Art „synchronisierte“ Filme vom Lesen abhalten und ich frühmorgens umsteigen muss, verläuft die Reise recht angenehm. Auch die Herausforderung, Samstagmittag den Bus in der richtigen Stadt wieder zu verlassen, bewältige ich meisterhaft. Ich werde also von Błażej, der bei der Borussia für uns Freiwilligen zuständig ist, eingesammelt und in Helenas und meine neue Wohnung gebracht.

Trautes neues Heim

Eine Woche ist es jetzt her, dass ich das Zimmer bezogen habe, das für das kommende Jahr mein zu Hause sein soll. Es liegt in einem Internat für Berufsschüler und ist hell und geräumig. Zwar haben wir ein Doppelzimmer, doch Die Gemeinschaftsduschen auf dem Flur müssen wir zum Glück nicht benutzen. Stattdessen teilen uns ein eigenes hübsches Bad und eine Küche mit unserer Nachbarin sowie ihren beiden Söhnen irgendwo im Alter zwischen vier und acht Jahren. Wieso sie in einem Internat, beziehungsweise einer Art  Wohnheim lebt, wissen wir auch nicht. Sie ist wohl etwas wie eine Sozialarbeiterin. Außerdem sind die kleinen Appartements, von denen wir eines bewohnen, normalerweise „VIPs“ vorbehalten.

Und meine Arbeit

Meine bisherigen Arbeitstage waren alle super. Ich habe geholfen, Pferde von einer Weide auf die andere zu treiben, war bei Töpferkursen dabei, bin mehrmals auf einer Kutsche mitgefahren, die wir (die andere deutsche Freiwillige Hannah, einige Mitarbeiterinnen und ich) später auch waschen mussten, habe Pferde geputzt, Zaumzeug eingefettet und habe angefangen, ein Buch von 1893 abzutippen. Wozu letzteres gut sein soll? Es ist soll aus dem Deutschen ins Polnische übersetzt werden, dafür muss es digital und in moderner Schrift vorliegen. Das Thema sind übrigens die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Preußen.

Eigentlich ist es ganz interessant, ich komme mir seeehhhr gelehrig vor, Informationen über die Eigenheiten der Kirchen des Oberlandes, etc. zu übertragen. Obwohl man bei dieser Betätigung irgendwann einen steifen Nacken bekommt. Wahrscheinlich wird mir das Tippen im Winter bald zu den Ohren heraushängen, es wartet nämlich noch ein Stapel Bücher, der irgendwann abgetippt werden soll.

Solange das Thermometer noch keine Minuswerte anzeigt, bin ich allerdings entschlossen, die Arbeit an der frischen Luft und vor allem die Abwechslung zu genießen.

Morgen beispielsweise wird sicherlich ein spannender Tag, denn es findet das alljährliche Erntefest im Museum statt. Mit meiner Mentorin Monika werde ich in masurischer Tracht Brot backen. Außerdem soll ich dem Kaltblüter Olka Zöpfe flechten, das morgen eine Kutsche voller Musikanten ziehen muss. Das ist auch der Grund, weshalb Hannah und ich in der letzten Woche fast jeden Tag  auf dem Wagen mitfahren durften: Olka musste sich an laute Passagiere gewöhnen. Daher Tomeks Aufgabenstellung an uns: „Los, Hanja und Franja, singt irgendetwas! Lacht und schreit mal.“

Was man als Pferd nicht so alles über sich ergehen lassen muss. Oder als Freiwillige. 😉

Leider bin ich in den letzten Wochen nicht dazu gekommen zu schreiben und hatte so wie so keinen guten Internetzugang. Jetzt bin ich allerdings wieder zu Hause. Meine achtwöchige Vorbereitungszeit auf meinen Freiwilligendienst, die aus Seminaren, einem Sprachkurs und dem Kennenlernen meiner zukünftigen Arbeit bestand, ist um.

 

Alles aus Salz

In unserer letzten Woche in Krakau haben wir uns noch einige Sehenswürdigkeiten angeschaut, die sich man angeblich nicht entgehen lassen sollte. Für mich bildet rückblickend unser Besuch der Salzmienen in Wieliczka  den Mittelpunkt der Woche. Zum Einen, da dies in der Zeit unser größter Ausflug war, zum anderen, weil wir tatsächlich am Mttwoch „hinagestiegen sind ins Reich der Finsternis“ (wie komme ich denn jetzt darauf?). Außerdem fand der Ausflug an Stelle unseres Sprachkurses statt, da Mariäfimmelfahrt war. Anlässlich dieses Festes haben wir also die Arbeit ruhen lassen. Unsere Lehrerin Pani Agata hat uns dafür begleitet.

In den Mienen wurde, wenn ich mich recht erinnere, seit dem 13. Jahrhundert Salz abgebaut. Die Stollen wirklich ausschließlich aus Salz: Decke, Boden und Wände. Es gibt Skulpturen, die aus eben diesem Mineral gehauen sind, und sogar eine unterirdische Kirche in 70 (?) Metern Tiefe. All dies wurde wohl nicht extra für die Touristen erschaffen, sondern von den Arbeitern gefertigt. Vielleicht hatten die Langeweile. Oder sie wollten einfach bloß ihren Heilien und Idolen huldigen. Ich weiß es nicht.

 

Pferde und Kühe und Schafe und so

Ziemlich schnell nahte danach schon der Tag unserer Abreise. Am Samstag verteilten sich die Mitglieder unserer WG auf verschiedenste polnische Städte, um eine Woche lang von unseren Vorgängern eingearbeitet zu werden. Ich habe in den Tagen, die ich im Freilichtmuseum war, zwar noch nicht besonders viel mithelfen müssen, aber ich wurde ausgiebig herumgeführt. Das von Feldern und Wald umgebene Gelände ist wirklich sehr schön. Es gibt eine Vielzahl volkstümlicher Gebäude aus dem ehemaligen Ostpreußen, in denen man einen Einblick in das ländliche Leben in den letzten paar hundert Jahren erhalten kann. Außerdem Züchtet das Museum alte, seltene polnische Rassen. So laufen einem schon mal Hühner mit federlosem Hals über den Weg. Neben mehreren Kaninchenarten, Kühen, Truthähnen, Ziegen und Schafen gibt es zwei Pferderassen: Schwere Kaltblüter (fragt mich jetzt nicht nach dem Namen) und polnische Koniks, die von Tarpanen, europäischen Wildpferden, abstammen.

Ich bin begeistert! Das meine ich ernst, auch wenn die Überschrift dieses Abschnitts vielleicht anderes vermuten lässt. Auf die Frage, in welchem Bereich ich besonders gerne arbeiten würde, habe ich geantwortet „mit Tieren“ (obwohl ich mich auch auf die anderen Aufgabenfelder freue). Das scheint kein Problem zu sein. Mein Vorgänger Kevin meinte sogar, immer wenn er gerade keine Lust auf Büroarbeit gehabt habe oder ihm langweilig gewesen sei, sei er einfach nach draußen gegangen und habe sich beispielsweise den Pferden gewidmet.

Übrigens: Das vor wenigen Wochen geborene Kalb heißt „Kotlet“, eins der Pferde „Patelnia“. Das heißt „Pfanne“. Tomek, der sich um die Tiere kümmert, scheint ein ziemlicher Pferdenarr zu sein, aber er hat einen leicht schrägen Humor. Sehr sympathisch auf jeden Fall, genau so wie seine Frau Monika, die ebenfalls im Museum arbeitet. Es freut mich, dass ich mit den beiden wohl am meisten zu tun haben werde, und dass im Büro eine entspannte, fast familiäre Atmosphäre herrscht.

Olsztyn, wo ich wohnen werde, gefällt mir genau so gut. Die Stadt ist zwar kleiner als Hamm, hat aber eine sehr hübsche Altstadt, viele individuelle Kneipen und offensichtlich ein großes Kulturangebot. Auf der Stadtfläche gibt es mehr als elf Seen und viel Wald, wo man bestimmt schön spazieren gehen kann.

Nach diesen ganzen positiven Eindrücken hatte ich, muss ich gestehen, kaum noch Lust auf eine weitere Seminarwoche und eine Hospitation in einem Freilichtmuseum in Kommern. Na ja, die Vorbereitungszeit ist verpflichtend, ich konnte mich nicht drücken. Also auf in ein Selbstversorgerhaus im belgischen Eupen. Letztendlich hatten wir dann doch unseren Spaß, vor allem da man all die anderen Freiwilligen, die nach Osteuropa entsandt werden, wiedersah.

Letztendlich war auch meine Hospitation interessant, wenn auch ermüdend. Schließlich musste ich ein paar Tage lang den Bus um halb sieben Uhr morgens nehmen, um von Bad Münstereifel, wo ich bei Lorenz‘ Familie wohnte, nach Kommern zu gelangen. Zum Glück hat mich ein Föj-ler (einer, der im Freilichtmuseum ein freiwilliges ökologisches Jahr absolviert 😉 ) einen Großteil der strecke mitgenommen, sonst hätte ich um sechs Uhr los gemusst. Bis vier Uhr nachmittags durfte ich dann beim Ausmisten, beim Füttern der Tiere, beim Zusammenkehren von Gras, kleineren Reparaturen und ähnlichem helfen.

 

Leerlauf

Das vergangene Wochenende bildete daraufhin den Abschluss unserer Vorbereitungsphase: Wir waren bei der Bistumsversammlung dabei, auf der wir im Rahmen eines kleinen Festes offiziell entsandt wurden.

Und nun? Der Countdown läuft, in wenigen Tagen beginnt mein Jahr in Polen richtig. Bis Freitagabend bin ich noch in Hamm, dann nehme ich den Bus nach Olsztyn. Nach den letzten Wochen plötzlich keinen genau festgelegten Tagesablauf mehr zu haben ist irgendwie ein seltsames Gefühl. Heute habe ich überwiegend halbherzig gefaulenzt. Das ist typisch für mich: Ich will den Tag genießen, aber auch irgendetwas erleben. Gleichzeitig weiß ich, dass ich noch ein paar Dinge zu erledigen habe, wozu ich mich überhaupt nicht aufraffen will. Die Gedanken daran verderben mir leicht die Laune, weshalb ich alles, was annähernd an Arbeit erinnern könnte, vor mir herschiebe. Was jedoch dazu führt, dass ich mich nicht vollkommen entspannen kann.

Tja, immerhin habe ich jetzt diesen Eintrag geschrieben, ich hoffe man merkt ihm die Halbherzigkeit, mit der ich mich ihm gewidmet habe, nicht allzu sehr an. Vielleicht wäre es eine gute Idee, noch eine weitere halbe Stunde produktiv zu sein und die Fahrtkosten der letzten beiden Monate abzurechen. Also schön, soll sich das phantastische Wetter, das zum Fenter hereinschaut, gefälligst noch ein wenig gedulden. Ich klebe eben noch ein paar Tickets auf und fülle Formulare aus, dann hat es mich wieder.