Sa 30 Nov 2013
Es weihnachtet sehr!
von Simon Jäger in Blogs
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Wo man auch hergeht, überall in PCC hört man Weihnachtslieder. Und das schon seit rund drei Wochen. Und bereits seit zwei Wochen wird jeden Montag und Donnerstag das Krippenspiel geprobt, außerdem trifft sich an diesen Tagen der Weihnachtschor. Morgen ist schon der erste Advent, wurde mir gestern schlagartig klar. Und von meinen Eltern hörte ich, dass sie schon auf dem Münsteraner Weihnachtsmarkt gewesen sind und sich fragen, ob sie alle Geschenke rechtzeitig beisammen haben werden….
Für mich reichlich merkwürdig, wo sich doch alles nach Sommer anfühlt. Ich trage überwiegend Shorts und Shirts, muss aufpassen, dass ich keinen Sonnenbrand bekomme und erfreue mich an (bzw. beklage manchmal) Temperaturen über 30 Grad. Wie soll da Weihnachtsstimmung aufkommen, so ganz ohne Adventskranz, Bauchschmerzen nach zu viel Plätzchenteig und diversen Ausrutschern auf Glatteis?
Wobei ich sagen muss, dass ich mich wirklich auf hiesige Weihnachten freue! Hier in PCC wird es zwischen dem 24. Dezember und dem zweiten Januar ein ganz besonderes Programm geben. Beispielsweise wird es einen Ausflug zu den Wasserfällen von Kintampo geben, ein Silvesterlagerfeuer ist geplant, verschiedene Chöre und Bands treten auf, eine Neujahrsparty wird veranstaltet, und, und, und… Klingt vielversprechend! In dieser aufregenden Zeit wird mir das Weihnachten à la Familie Jäger hoffentlich nicht allzu sehr fehlen, wobei…. das wird schon schwierig, weil es wirklich immer etwas ganz Besonderes für alle Beteiligten ist. Und auch meinen Geburtstag am zweiten Weihnachtstag werde ich das erste Mal in meinem Leben nicht in der obligatorischen Kaffeerunde im Wohnzimmer meiner Eltern feiern – eingepfercht zwischen meinen beiden Omas auf der Couch. Haltet mir bloß diesen Platz frei und stoßt mit reichlich Bowle auf mich an!
Außerhalb der Mauern der Lebensgemeinschaft merke ich hingegen nicht, dass Weihnachten vor der Türe steht. So wie ich hörte, wird Weihnachten in Ghana aber auch eher wenig zelebriert. Man kommt wohl mit seiner Familie zusammen, isst Besonderes und geht in die Kirche. Aber klar, den meisten fehlt sicherlich das Geld, um Weihnachten pompöser ausfallen zu lassen, und sicherlich muss das ja auch gar nicht sein, um schöne Weihnachten zu haben…
Mit Freude habe ich übrigens etwas verspätet festgestellt, dass die Gegend um Nkoranza und Techiman viele Orte zum Erkunden zu bieten hat. Es gibt viele Felsen zu beklettern und Höhlen zu sehen, sowie heilige Wälder und Klöster zu besichtigen. Alles nette Möglichkeiten für einen halb- oder ganztägigen Ausflug.
Vor zwei Wochen war ich in einem dieser heiligen Wälder, in Tanobuase. Ich ging davon aus, einfach ein bisschen durch den Wald zu flanieren. Doch die geführte Tour entpuppte sich zu einer echten Kletterpartie. Sowas ist ja nach meinem Geschmack – über Stock und Stein, steile Felsen hinauf, auf dem Bauch durch Felsnischen. Zwischendurch auf einen Aussichtsfelsen, der schwer an den König der Löwen erinnert. Beendet wurde das ganze mit einem kleinen Wettkampf nach jahrhundertealter Tradition. Es galt eine Felswand hinaufzuklettern, die so beschaffen war, dass man viele Haltemöglichkeiten hatte. Die Tradition besagt, dass der Schnellste die zur Heirat bereite Frau des Dorfes bekommt. Tja, ich wurde nur Zweiter…
Letztes Wochenende habe ich einen Kurzurlaub am Lake Bosomtwe nahe Kumasi gemacht. Ich war da schon einmal und wusste, welche Idylle mich erwartete. Einfach nur schön da! Und das beste: total ruhig. Ruhe scheint nämlich eine Rarität in Ghana zu sein. Die zahlreichen Festlichkeiten wie Beerdigungen und Hochzeiten sowie alles drumherum werden zu jeder Tages- und Nachtzeit mit voll aufgedrehter Musik und/oder schon fast herausgebrüllten Gebeten und Gesängen beschallt – da feiert man mit, ob man will oder nicht. Die letzten Wochen in Nkoranza waren diesbezüglich sehr ereignisreich. Da war es schon fast normal, dass man mal um Mitternacht, mal morgens um drei oder auch um fünf Uhr aus dem Bett geschmissen wurde. Dank Ohropax finde ich das alles aber gar nicht schlimm.
Arbeitstechnisch ist alles cool. Ich merke in meinem Alltag richtig, dass ich schon echt lange hier bin. Ich habe zu den meisten Bewohnern/innen eine Beziehung aufgebaut, kann mit ihnen herumalbern aber auch Trost spenden oder auch mal Tacheles reden. Und auch mit den Caregivern ist die Zusammenarbeit wesentlich besser und freundschaftlicher. Auf Grund der vielen europäischen Besucher und Kurzzeitvolunteers scheinen einige der Caregiver…. sagen wir mal… skeptisch zu sein. Oder sie sind z.T. auch wegen geringer Englischkenntnisse unsicher. Mir gegenüber wurden mittlerweile sowohl Skepsis als auch Unsicherheiten abgelegt – im Notfall kommuniziert man halt mit oftmals lustiger Körpersprache und einem Lächeln, oder man holt sich wen zum Übersetzen. Diese Entwicklung gefällt mir jedenfalls ausgesprochen gut.
Im Moment habe ich übrigens richtig Spaß am Kochen. Mein neues Lieblingsgemüse sind Cocoyam-Blätter. Gut zu vergleichen mit Spinat und auch ähnlich zuzubereiten. Ich glaube, meine Quiche kann sich sehen lassen!
Jetzt muss ich zusehen, dass ich loskomme. Ich bin mit Bright auf ein Bier verabredet.
Ich wünsche euch das Beste
Euer Simon
- Gottesanbeterin… Angriffsmodus?
- Ein Versuch eines Gruppenfotos mit einigen PCC Kids
- Der Lake Bosomtwe
- Toller Ausblick in Tanobuase – ich nenne ihn den „Loewenfelsen“
