Löwen, Giraffen und Hitze sind wohl die ersten Assoziationen, die ein Europäer mit Südafrika verbindet. Doch da muss ich enttäuschen, denn wir befinden uns hier mitten im Winter. Das sehr wechselfreudige Wetter ändert sich daher im 20-Minuten-Takt von Platzregen zu strahlend blauem Himmel bei Temperaturen von circa 15 Grad. Des Weiteren ist das wildeste Tier, was ich in den letzten Tagen gesehen habe, ein Eichhörnchen.

Überhaupt ist Stellenbosch im Western Cape ein sehr westliches Städtchen mit wunderschönen historischen Gebäuden, gleichmäßig gestutzten Hecken in Vorgärten, einer großen Mall und vielen Mercedes, die hier allerdings auf der linken Straßenseite fahren. Bemerkenswert, weil kaum mit Deutschland vergleichbar, ist jedoch die Freundlichkeit der Südafrikaner. Egal ob im Fahrrad-Verleih, im Supermarkt, in der Uni oder privat- alle Menschen sind unvorstellbar hilfsbereit, haben immer ein Lächeln auf den Lippen und vertreiben damit jegliches Unbehagen eines Ausländers. Auf meinen Kulturschock warte ich deshalb noch immer.

Das Vorurteil, es gäbe zu jedem Anlass vorzüglichen Wein, kann ich jedoch bestätigen. Schon in der Orientierungswoche der Uni wurden wir zum Lunch mit Sandwiches, sowie Rot- und Weißwein empfangen. Dank der unbestritten hervorragenden Qualität der Weine macht es einer Schar von Studenten dann auch nichts aus, ihn aus 10-Liter-Plastik-Kanistern zu zapfen. Noch besser schmecken hiesige Produkte nur noch beim Winetasting auf einer Winefarm. Aus diesem Grund haben wir uns in der letzten Woche ein Auto geliehen und sind von Stellenbosch über Strand nach Franschhoek gefahren. Auf knapp 200km sind wir dabei an Strand und Meer vorbeigefahren, über Passstraßen, an Nadel- und Laubwäldern entlang, über einen Stausee, durch Apfelplantagen und natürlich auch Weinfelder. Vielleicht ist Südafrika genau aus diesem Grund ein beliebtes Ziel für Auswanderer; es ist für jeden Naturliebhaber etwas dabei.

Sonntag Abend war ich zum ersten Mal in einem südafrikanischen Jugendgottesdienst. Es war nicht wirklich so wie in Sister-Act, dennoch war die Kirche voll von 16-30-Jährigen, die freiwillig(!) dort waren. So viele Jugendliche in einer Kirche habe ich zuletzt im Abschluss-Gottesdienst im Gymnasium gesehen. Es wurde viel gesungen, sowohl auf Englisch als auch auf Afrikaans, es wurde gelacht, weil Leiter des Gottesdienstes wie ein Entertainer seine Predigt hielt und im Anschluss traf man sich noch zum gemeinsamen Pfannkuchen-Essen. Hier überzeugt Kirche zeitgemäß durch Freude und Lebhaftigkeit, ohne dabei den Ernst der Religion zu verlieren. Ich würde mir wünschen, dass deutsche Religionen sich eine Scheibe davon abschneiden.

Es ist kaum vorstellbar, wie schnell die Zeit hier vergeht, weil man so viel Neues entdecken kann. Davon bald mehr 🙂

 

 

 


Über die Autorin/den Autor:  Während meines Studiums an der FH Münster mache ich ein Auslandssemester von Juli bis Dezember in Stellenbosch, im schönen Westkap in Südafrika. Alle Beiträge der Autorin/des Autors: