Fr 20 Apr 2012
Schlamm im Slum / I am not happy…
von Projekt WeltKlasse in Blogs
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Unser vorletzter Tag begann mit einem
Besuch des größten Fleischmarkts, der in einem – wie Anthony sagte
– etwas besseren Slum liegt. Es wirkte auf europäische Augen extrem
unhygienisch und wir waren froh, als wir bald wieder draußen waren.
Nun besichtigten wir weitere Märkte, wo kleine Industrien, aber auch
Tier-, Essens- und Kleidungsverkäufer zu finden waren.
Direkt daneben liegt eins der drei
Stadien Nairobis, zu welchem wir auch einen Abstecher machten. Von
der Größe ist es mit denen deutscher Vereine zu vergleichen, die in
der höheren Kreisklasse spielen, obwohl der hier spielende Verein in
der ersten kenianischen Liga spielt.
Das wichtigste, aber nicht schönste
Erlebnis des Tages war der Besuch des größten Slums von Nairobi,
mit etwa 500.000 Einwohnern. Dort konnten wir mit einer Bewohnerin,
Florence, in ihrer Hütte direkt über ihre Situation sprechen. Sie
lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in einer etwa 9 m² großen
Wellblechhütte. Diese hat Löcher, die Kinder müssen auf dem Boden
schlafen. Wichtig ist aber auch noch, dass Florence und ihre Familie
eher zu den „Reichen“ im Slum gehört! Es war schockierend, zum
Teil zu Tränen. Das Gelände, wo das riesige Slum liegt, gehört dem
Staat, die Hütten aber nicht den Bewohnern, wie wir annahmen,
sondern Mafia-ähnlichen Organisationen, die diese vollkommen
überteuert vermieten (etwa 15 € pro Monat). Wer nicht zahlen kann,
kommt ins Gefängnis, und die Kinder werden „einfach weggebracht“.
Insgesamt ist uns aufgefallen und wir
wurden auch durch Anthony bestätigt, dass für die Bitterarmen
Kenias die Lebenshaltungskosten viel höher sind als für die
Reichen. Ein Beispiel ist Wasser: Für jeden Liter zahlen die
Slum-Bewohner umgerechnet etwa 5 Cent, Anthony hingegen zahlt im
Monat einen Betrag von 5 € für unbegrenzt Wasser!
Ihr Geld verdienen sie meist durch
kleine Gelegenheitsjobs wie dem Verkauf von Kleidung, Nahrung oder
sogar Drogen. Manchmal ist es so wenig, dass sie sich einen Monat
lang nur eine Mahlzeit am Tag leiten können.
Hinzu kommt noch, dass nicht als
Gemeinschaft gedacht und gehandelt wird, wie wir es schon oft, vor
allem im Dorf, erfahren haben, sondern alle in Konkurrenz stehen. So
ist es kaum verwunderlich, dass es hier viele Diebe gibt. Auch Drogen
und Alkohol sind ein großes Problem.
Florence hat bisher in ihrem Leben
nichts anderes als das Slum gesehen, nicht einmal Nairobi-Zentrum.
Wahrscheinlich ist es auch nicht ihr Wunsch die Regierungsgebäude zu
sehen, da sie keinerlei Hilfe in der Politik sieht. Durch Bestechung,
entweder finanziell oder existenziell, werden die Slum-Bewohner dazu
gezwungen, vielleicht gegen ihre eigene Meinung zu wählen, so dass
die Regierungspartei sicher im Amt bleibt.
Auf die Frage, ob sie glücklich ist,
antwortete sie nur „Nein“.
Die Slumschulen haben äußerlich einen
ähnlichen Charakter wie die Schulen, die wir schon besucht haben,
Anthony bestätigte dies und fügte hinzu, dass auch der Unterricht
gleich abläuft. Davon konnten wir uns leider kein eigenes Bild
machen, da zurzeit Ferien sind. Die Schulen sind für die Kinder die
einzige Zukunftsperspektive.
Danach mussten wir uns erstmal stärken,
um uns dann mit einer kleinen Einkaufstour im Diplomatenviertel
abzulenken; der Kontrast war immens.
Am Abend gingen wir mit Anthony in eine
Bar, um den letzten richtigen Abend angemessen ausklingen zu lassen.
Morgen geht’s ans Kofferpacken!
