Do 23 Feb 2012
Whitney zum Mittagessen
von Rabea_Wortmann in Blogs
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Zugegeben: Ich habe es gestern schwer verdaut, dass mich erneut eine Firma hat haengen lassen. Irgendwie hing ich in den Seilen, vor allem gefuehlsmäßig. Es war nicht das erste Mal, dass so etwas hier passiert ist. Es sind ja viele Dinge schief gelaufen, auch Dinge, die ich nicht im Detail im Blog geschildert habe. Klar, schließlich versucht man manchmal Dinge auch anders zu verdauen. Zumindest, wenn sie einen eher negativ beeinflussen.
Ich weiß nur, ich habe keine Lust mehr auf Miami Beach, die Stadt, die ich noch nie gemocht habe. Nur beim Durchlaufen beim Marathon, aber das ist keine Basis. Morgen steht der so genannte Hiring Event an bei dem deutschen Discounter. Es findet in einem Hotel statt. Man gibt seinen Lebenslauf ab, sagt, fuer welche Stelle man sich bewirbt und vor Ort wird entschieden, ob man sich vorstellen darf. Ich kenne die Firmenpolitik, die Firmenphilosophie, ich hoffe darauf. Ansonsten suche ich in Fort Lauderdale etwas Kurzfristiges. Mir haben einige Leute dazu geraten, außerhalb des Tourismus von Miami Beach nach Arbeit zu suchen. Sie haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich, ich glaube ihnen also! Es ist für mich (vor allem finanziell bedingt) die letzte Chance.
Bisher bin ich seit dem Marathon in 2009 nach Fort Lauderdale gegangen, weil ich dort damals Kevin kennengelernt habe. Wir hatten nie viel Kontakt, nie eine wirkliche Freundschaft, aber wenn man jemanden dort kennt, ist das Grund genug, zurückzukommen. Das Hostel, wo ich immer war, ist inzwischen aus Kostengründen dicht und Kevin ist zurück in seinen Heimat-Bundesstaat gegangen. Nichts zieht mich nach Fort Lauderdale gerade, aber ich kann kaum noch ruhig schlafen in Miami Beach – letzte Nacht habe ich wieder gar nicht geschlafen – und ich will jetzt weg hier. Nachher schaue ich, wo ich dort unterkommen kann. Mit dem Bus dauert es gut 3 Stunden dort hin, mit zwei schwerern Taschen plus Rucksack muss ich früh morgens los. Sind erstmal die Touristen im Bus, gibts wieder Theater, weil meine Taschen denen Platz wegnehmen. Also gehe ich jetzt eben Laufen, danach Wäsche waschen (dauert alles in allem wieder etwas über vier Stunden), und danach übe ich weiter für das (eventuell stattfindende) Vorstellungsgespräch.Es ist meine letzte Chance, um Fuss zu fassen. Ich weiss das, ich will das nicht ungenutzt lassen. Ehrlich!
Vorhin habe ich mir mein Mittagessen im Supermarkt geholt. Südstaaten-Kartoffelsalat. Na ja, klingt toll, ist aber nix anderes als deutscher Kartoffelsalat, der hier den Südstaaten der USA zugeschrieben wird. Mir egal, wer das Rezept erfunden hat, er schmeckt zumindest nicht schlecht 😉 Und Pizza mag ich bekanntermaßen auch nicht mehr, sodass ich auch gerne mal etwas anderes esse, als das amerikanische Fast-Food, zumal ich es als Vegetarier eh schwer habe hier. Mit meinem Kram an der Kasse angekommen, liegt sie da. Hübsch. Friedlich. Tot. Whitney Houston. Ein amerikanisches Tratsch-Blatt hat sie tot im Sarg auf dem Titel abgebildet und listet stolz auf dem Titelblatt den Wert des Zeugs (Juwelen usw.) ab, den Whitney in ihre letzte Ruhestätte mitnimmt. Oh mein Gott! Wo bleibt der Respekt? Ich meine, es gibt sicherlich Leute, die diese Bilder gerne sehen. Aber hey, wer denkt an die Ethik, an Respekt, an überhaupt etwas? Ich war über neun Jahre selbst Journalist, es hat mir Spass gemacht, mit Menschen zu arbeiten, über sie zu berichten. Aber diesen Trash- und Paparazzi-Journalismus hätte ich niemals machen können. Jeder Mensch verdient Respekt, was die amerikanischen Medien da allzu oft machen, ist einfach respektlos. Tage vor ihrem Tod haben diese, im Display jedes amerikanischen Supermarkts ausgelegten Klatschblaetter, noch ueber Whitney hergezogen. Kaum ist sie tot, heisst es plötzlich, werbewirksam und in Anlehnung an ihren Super-Hit „We will always love you, Whitney“. Oh no, Leute, das ist echt peinlich. Jedes Unternehmen will Geld verdienen, natürlich. Kann ich verstehen. Aber so etwas geht gar nicht. Mein Essen in der Hand, bekomme ich nun die tote Whitney präsentiert. Hunger habe ich natürlich dennoch, aber in den USA fehlt es manchmal echt an Respekt und Ethik. Das meine ich nicht nur mit Blick auf Whitney, sondern auch aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, nicht nur bei der Arbeitssuche. Es gibt hier einen anderen rechtlichen Rahmen, der so etwas zulässt. Ich finde liberales Denken zwar gut, aber wenn man solche Dinge erlebt, fragt man sich, wo die Grenze ist.
Wenn ich morgen Miami Beach verlasse, werde ich keine Antwort gefunden haben. Aber vielleicht wieder etwas mehr ‚Luft zum Atmen‘. Ich will raus aus dem Tourismus. Gestern stand an einer Disco hier unten das Motto für die Party am Wochenende. Es trifft das, was ich neulich schon erklärt habe, wie Miami Beach tickt. Dort stand auf Englisch ‚Realität ist überbewertet‘. Toll! Ich weiss jetzt erst Recht: Ich muss raus hier. Schnell. Schon morgen.
Ich melde mich aus Fort Lauderdale, hoffentlich nach einem guten Gespräch beim deutschen Discounter mit den blau-weissen Tüten 🙂
Liebe Grüße, Rabea

Viel Erfolg in Fort Lauderdale
Hi Rabea, don’t know if you remember me…was in the hostel just one night in south beach. I have been wondering how your feet are and how the job is going. It was nice to meet you. Hope everything is going well for you. Kari. karib@usfamily.net