Obwohl ich die Vorteile des „Kampfes mit geschlossenen Augen‘“ (Blind kämpfen) in der Kampfkunst Wing Tshun kenne, befürchte ich, dass ich dieses Wissen, diese Erfahrung, nicht umfassend beschreiben kann. Ich versuche es trotzdem.

Sprechen wir heute von Sensibilität, bringen wir damit einen, auf äußerliche Reize, empfindlich reagierenden Menschen, in Verbindung. Blinde Menschen sind weitaus empfindlicher (sensibler) und reagieren auf Umweltreize schneller wie Sehende. Das kann oftmals von Vorteil sein. „Das Auge ist leicht zu täuschen“. Die Übung „Blind kämpfen“, kann uns vor Täuschungsmanöver des Angreifers bewahren, weil wir gelernt haben, unserem Körper und nicht unseren Augen zu vertrauen. Verlassen wir uns uneingeschränkt auf die Wahrnehmung der Augen können wir leicht getäuscht werden. „Blind kämpfen“ ist „ein“ Baustein, im Training, die Selbstverteidigungsfähigkeit zu verbessern und gleichzeitig zu lernen, miteinander zu kämpfen ohne sich zu verletzen.

Um unsere Wahrnehmung zu schulen, um uns unabhängig von visuellen Reizen und damit Täuschungsmanöver zu machen, lernen Wing Tshun Schüler, möglichst frühzeitig, mit geschlossenen Augen zu kämpfen. Dabei verfolge ich als Wing Tshun Lehrer verschiedene Ziele. Schüler die mit geschlossenen Augen üben, lernen viel schneller ihre Kraft zu kontrollieren. Weiterhin keine überflüssigen Bewegungen zu machen und ihren Stand zu optimieren.  Vieles von dem, was wir im Wing Tshun mit geöffneten Augen lernen, lässt sich mit geschlossenen Augen weitaus schneller verinnerlichen wie im Training mit geöffneten Augen.

Blind wird die taktile Wahrnehmung verbessert, d.h., die Wing Tshun Schüler werden konditioniert, entsprechend Berührungsdruck auf Körper, Arme oder Beine zu reagieren. Dabei fließen unsere Freikampferfahrung (Lat Sao) und die Erfahrungen, die wir mit dem Training der „klebenden Arme“ (Chi Sao) gewonnen haben, ein. Wir lernen dem zu vertrauen, was wir erfühlen und ertasten. Wir lernen zu verstehen, worum es beim Training mit dem Partner geht. Also kein „blindes hauen“ sondern ein Wahrnehmen mit allen Sinnen, wovon einige durch die geschlossenen Augen geschärft werden (Gleichgewichts, Lage, Kraft- und Bewegungssinn). Experten sprechen von den Sinnen zur Eigenwahrnehmung des Körpers und von den Sinnen zur Wahrnehmung der Umwelt. Behilflich sind uns dabei u.a. die Vielzahl der Rezeptoren in der Haut (Schmerzrezeptoren, Druckrezeptoren, Thermorezeptoren, Dehnungsrezeptoren, Tastrezeptoren). Damit erfüllt die Haut eine ganze Reihe kommunikativer Anforderungen und unterstützt uns bei der Wahl der richtigen Entscheidung, wie wir uns vor Umwelteinflüssen schützen – i.d.Z. das wir nicht von einem Gegner durch einen Schlag verletzt werden. 

Im Wing Tshun ist es Ziel, die Aktionen des Gegenübers frühzeitig zu erkennen. Wir müssen Lernen auf die Signale des fremden Körpers zu achten. Wing Tshun bietet sich besonders für das Kämpfen mit geschlossenen Augen „Blind kämpfen“ an, weil wir die Nähe zum Gegner suchen, um dem Gegner den Raum für ausholende Schläge zu nehmen, bzw. den Kampfprinzipien entsprechend; vorgehen, kleben bleiben, nachgeben oder folgen wollen.


Über die Autorin/den Autor:  To change this standard text, you have to enter some information about your self in the Dashboard -> Users -> Your Profile box. Alle Beiträge der Autorin/des Autors: