Tageslicht bahnt sich seinen Weg durch die leicht geöffneten Rollladen ins Schlafzimmer. Die Tür ist weit geöffnet, die Rollladen stoßen auf das fliegen Schutzgitter im Rahmen.
Die Vögel zwitschern, und ich drehe mich träumend auf die Seite, um meinen Schlaf langsam zu beenden und den Tag zu beginnen.
Ich höre, fast noch im Unterbewusstsein , den Vögeln zu, die ebenfalls ihren Tag zwitschernd beginnen. Doch ein Ton stimmt nicht unter diesem Singsang. Ich gebe mir Mühe diesen Ton herauszufinden, und tatsächlich wird dieser Ton lauter. Er kommt mir bekannt vor, aber in dieser Frühe habe ich ihn noch nicht erlebt. Er rückt immer näher, näher und näher. Er wird immer lauter, lauter und lauter.
Meine Finger verkrampfen sich in der Bettdecke, und ich sehe mit einem halben Auge wie sie weiß werden, kein Blut mehr durch strömt. Ich zwinge mich, liegen zu bleiben. Unbarmherzig und mit voller Kraft erwischt mich das Schrotthändlerlied. Die Melodie die durch das verrostete und scheppernde am Lkw hängende Megaphon ausgekotzt wird erreicht nicht nur mein empfindliches Gehör, sondern auch meine kaum in Zaum zu haltenden Nerven.
Ich springe wie ein prustender Zitteraal aus meinem Wasserbett, stoße mir meine Kniescheibe an der halb offenen stehenden Schranktür, und reiße die Jalousien hoch. Das Vogelgezwitscher verstummt, das Tütelütütü ist noch ein, zwei Sekunden in voller Lautstärke zu hören, ehe es leiser wird und nur noch sehr schwach wahrzunehmen ist.
Ich beschließe kurzfristig mir nicht die Zähne zu putzen, weil mir eh der Schaum im Mund steht. Ich stolpere die Treppe hinunter in die Küche, murmle etwas vor mich hin und fummle mit dem Brotmesser in der Luft herum. Der Kaffee läuft durch und ich versuche mich auf den Stuhl zu setzen. Ah, es hat geklappt. Gleich der erste Bissen bleibt mir im Mund stecken.
Da ist es wieder, das Geräusch welches mich seit Monaten verfolgt. Tag für Tag, Stunde für Stunde….Tütelütütü. Es ist zurückgekehrt, nur dass das Geräusch nicht von rechts kommt, sondern jetzt von links. Ich schaue aus dem Fenster und erkenne einen verrosteten Sprinter, er kommt wie die meisten aus dem Ruhrgebiet. Dieser hier von Recklinghausen. Ein altes Ofenrohr und ein halb zerquetschtes Fahrrad ragen aus der offen stehenden Hintertür heraus.
Er ist der Erste heute. Viele werden an diesem wie jeden Tag noch folgen. Sie fallen ein wie die Fliegen, terrorisieren das Bürgergehör, die schlafenden Berufstätigen, die alten Menschen, die Kleinkinder beim Mittagsschlaf, die Tiere in der Natur und zuhause.
Es sind Terroristen der Moderne und sie haben viele Anhänger. Sie werden durch unseren alten Schrott unterstützt. Kaufen sich hiervon neue nervende Megaphone. Ich werde nun zum Rebell und werde bis zum letzten Rost gegen dieses Schrottregime kämpfen. Tütelütütü !!


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