Sonntag, 08. August 2010
Für unser virtuelles Geschichtsbuch habe ich ein großes Kapitel „Sinnlichkeit“ vorgesehen. Für das Model ist das Ausleben der Sinnlichkeit immer nur mit dem Faktor „Zeit zu haben“ möglich. Auch für mich ist die Umsetzung dieses Themas Neuland. Daher war es logisch, keine große Aktion mit allen Ladies daraus zu machen, sondern anfangs mit maximal zwei Models zu arbeiten.
Als erstes Model kommt mir immer Birgit in den Sinn. Ohne Birgit geht es nicht. Wir kennen uns schon sehr lange und arbeiten schon von Anfang an zusammen. Für schwierige Aufnahmen an aufwendigen Sets, wo die Anspannung aller stetig steigt, braucht man ein Model, was so diszipliniert ist, sich dann noch auf die Anweisungen konzentrieren zu können. Deswegen fiel die Wahl des Titelmodels des Förderturmkalenders „Starke Frauen“ von 2006 auf Birgit. Auch bei diesem Projekt möchte ich Birgit auf dem Titelbild haben.
Viele sagen, ich wäre ein guter Fotograf. Ob das so ist, das weiß ich nicht, aber eins weiß ich, nämlich dass das, was bei mir vor der Kamera im Kopf der Models passiert, ich immer mitfühlen kann. Dadurch habe ich bei den Aufnahmen immer eine Verbindung mit dem Model und kann die richtigen Worte benutzen, um sie dahin zu führen, was ich möchte, was sie auf dem Foto ausstrahlen soll.
Natürlich habe ich das alles von meinen Models, mit denen ich gearbeitet habe, gelernt. Dafür danke ich im Nachhinein allen Models, die mich zu dem gemacht haben, der ich heute bin.
Für dieses für mich neue Kapitel Sinnlichkeit (Selbstliebe/Körperliebe) habe ich in Vorgesprächen gemerkt, dass Tanja da ein großes Potential besitzt. Und da sie mir durch ihre Offenheit Zugang zu ihren Gedankenabläufen gewährte, startete ich die Sache „Ladies in red“ die Dritte.
Zur Technik:
Für gewöhnlich nimmt man viel weiches Licht, möglichst von allen Seiten aus großen Softboxen, um vom Model eine reine Haut zu erhalten. In der Realität der Sinnlichkeit, wo die Frau sich für die Berührung ihres Sinnesorganes Haut zurückzieht, existiert meistens das Gegenteil vom Studiolicht. Hierbei ist es meistens schwaches Kerzenlicht oder der Lichtschein vom Fenster.
Dieses punktuelle Licht macht, wenn es die Haut streift, Fältchen und Poren deutlich. Das ist der Nachteil. Deswegen setzt man dafür immer sehr junge Models ein, weil sie noch eine gebügelte Haut besitzen. Der Nachteil dabei ist, die jungen Models haben in diesem Alter meistens noch nicht die Erfahrung und das Selbstbewusstsein erlangt.
Vorteil von Streiflicht: Durch den starken Schattenwurf und die Mimik wird das Gefühl des Models sichtbar. Auch macht das Streiflicht den Faktor „Zeit zu haben“ deutlich. Manchmal so extrem, dass es den Anschein hat, die Zeit würde stehen bleiben.
Nun ans Werk! Es steht ausreichend Zeit zum Abschmecken des Make-ups zur Verfügung.
Set 1:
Ein 90 cm schirmbespannter Studioblitz wirft ein halbwegs weiches Licht aus einer Entfernung von 4,5 m von hinten über die Körper von Tanja und Birgit in den Schrankspiegel, der mit seinen purpurroten Vorhängen eine Umrandung bildet und das Licht in das Objektiv (50mm/1.4) reflektiert.
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Die beiden haben die Anweisung bekommen, sich mit ihren Händen zu berühren, um ihre Selbstwahrnehmung zu starten und mich als Fotograf auszublenden, da ich mich logischerweise gar nicht in diesem Raum befinde.
Denn eine Frau, die ihre Sinnlichkeit lebt, betreibt dies allein in Zurückgezogenheit. |
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Da sich durch das Licht von hinten das Gesicht im Totalschatten befand und nur durch die Reflektion über das ockerfarbene Kiefernholz der Schranktüren wenig aber gleichmäßiges Licht erhielt, hatten wir keine Probleme mit Gesichtsfältchen.
Das konturenreiche Make-up und der Blick von unten nach oben zeigten erwachsene Dominanz. |
Set 2:
Auf dem Bett. Das Haus ist leer. Sie ist allein und hat Zeit. Sie spürt ihr schönes Kleid auf ihrem Körper. Von ihren Händen berührt nimmt sie ihren weiblichen Körper wahr. Das ist die Geschichte für Model Tanja.
Um solch eine Bildersequenz zu erschaffen, drehen sich für gewöhnlich immer viele Dinge in meinem Kopf. Die Geschichte, Bildaufbau, das Licht, die Reflektionen, die Mimik/Stellung, Schärfentiefe, daraus folgend die Blende, die Verschlusszeit, Objektiv, Brennweite, Blende, ISO, Lichtkörper, Lichtmenge ……
Auch hierbei bemerkte ich, dass das gewohnte Muster im Kopf ablief. Zu wenig Zeit, die ich mir nahm, um die Gefühlswelt von Tanja zu studieren. Ich nahm mir von da an mehr Zeit, um auf das zu achten, was Tanja machte.
Mir fiel auf, dass die Berührung ihrer Hand sich mehr auf die Fingerspitzen konzentrierte als, wie ich vermutet hätte, auf die ganze Handinnenfläche, um die Form ihres Körpers wahr zu nehmen.
Es hatte den Anschein, als würde die Berührung nur über das Energiefeld zwischen ihren Fingerspitzen und der Hautoberfläche ihres Körpers stattfinden, so leicht schien die Berührung zu sein, durch die sie ihren Körper für sich selbst sichtbar machte und daraus ihr Körperbewusstsein/ ihre Körperliebe bezog. |
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Ich hielt meine Kamera vor den Bauch und fing an, Tanja darüber zu interviewen.
Die Details, die Tanja mir anvertraute deckten sich mit Techniken, die bei Meditationen angewendet werden.
Für gewöhnlich achtet man dabei auf seinen Atem, um sich seines Selbst bewusst zu werden.
Tanja setzt dafür die Berührung ihrer Haut ein.
Ich nenne es Tanjas eigene Technik ihrer Meditation. |
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Selbst das Vorhandensein einer abschwingenden Welle stimmt überein, weil ich die Welle auch kenne, die ich in meiner Meditation wahrnehme. Ich würde es so beschreiben, dass die Welle wie eine Entspannungswelle von oben nach unten durch den ganzen Körper fließt und man sich damit durch ständiges Wiederholen in einen tranceartigen Zustand bringen kann.
Auch hierbei braucht man die Rahmenbedingungen von ’Zeit für sich zu nehmen’, um die Selbstwahrnehmung zu erfahren. Irgendwie fließt dabei Energie in Körper oder Geist und man tankt auf.


Set 3:
Im Eingangsbereich. Als Hintergrund diente uns eine Fichtenholztür, welche Wärme in das Bild bringen sollte. Wieder Streiflicht von der Seite, welches durch ein vergittertes Fenster auf das Model fallen sollte. Da sich kein solches Fenster in diesem Bereich befand, schaffte ich dieses künstlich mit meinem 1000-WS-Spot, der mit einem fokussierbaren Linsenvorsatz ausgestattet war. In diesen kann man ausgestanzte Metallmasken stecken und damit definierte Schatten erzeugen. Mit dem Einstelllicht am Blitzgerät lässt sich der Schattenwurf nun ganz nach Wunsch auf dem Set ausrichten. Dieses durchbrochene harte Licht brachte auch harte Schatten mit.
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Nach dem Okay aus der Technik waren nun die beiden gefragt, ihre Sinnlichkeit zu leben. |
Birgit |
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Tanja |
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Tanja |