Am vergangenen Freitag habe ich hier zum ersten Mal laut fluchen muessen. Am spaeten Nachmittag fuhr ich aus dem Buero nach Hause und musste wie gewohnt ein paar Minuten einen Parkplatz suchen. Im guten Glauben einen legalen Stellplatz gefunden zu haben liess ich meinen Mietwagen stehen und ging eine Runde Laufen.

Frisch geduscht und voller Vorfreude aufs Wochenende ging ich knapp anderthalb Stunden spaeter zurueck zu meinem Wagen, um zu Freunden zu fahren mit denen ich verabredet war. Ich biege um die Ecke, da sehe ich schon von Weitem einen weissen Zettel am Scheibenwischer flattern. Ueblicherweise aergere ich mich ueber Werbeflyer hinterm Scheibenwischer, vor allem wenn ich schon losgefahren bin. Dieses Mal hoffte ich jedoch, dass es nur ein irgendein Werbeflyer war. Leider Pech gehabt: Es war ein Strafzettel fuer falsch Parken. Wird schon nicht so schlimm sein, dachte ich, vielleicht 20 Dollar oder 25. Weit daneben, am rechten unteren Rand des Zettels standen dick und unuebersehbar 150 $!

Die Gebuehren, die hier in Australien fuer Ordnungswidrigkeiten im Strassenverkehr angesetzt werden sind ziemlich irrational und ausserhalb jedes Verhaeltnisses. Ein Bekannter ist in einem Dienstwagen mit 71 statt der erlaubten 60 km/h in der Stadt geblitzt worden, woraufhin sein Arbeitgeber als Eigentuemer des Wagens ein Knoellchen von 550 Dollar (!?!) erhalten hat. Solange der Fahrer vom Eigentuemer des Wagens nicht identifiziert wird bleibt es bei diesen irren 550 Dollar, die dann die Firma zu zahlen hat. Wird der Fahrer identifiziert, reduziert sich die Gebuehr auf etwas weniger als die Haelfte.

150 Dollar fuer anderthalb Stunden falsch parken ist eine aehnlich verrueckte Summe. Das entspricht 100 Dosen Cola light aus dem Getraenkeautomaten im Buero. Da haetten sie mir auch 1500 oder 6000 Dollar draufschreiben koennen. Das waere nicht mehr und nicht weniger bescheuert gewesen. Mir faellt kein Beispiel ein, in dem man in Deutschland ein 150-Euro-Knoellchen fuer falsch Parken bekaeme. Da muss man sein Auto wahrscheinlich vor der Notaufnahme des Marienhospitals stehenlassen, quer zur Krankenwagenzufahrt, und ein Schild “Bin kurz weg” hinter die Windschutzscheibe heften.

Das Problem ist zudem, dass die Parkschilder selbst fuer die “locals” kaum zu verstehen sind, weil auf ihnen versucht wird die Parkvorschriften fuer die komplette Woche (Montag ist nicht gleich Freitag, und Freitag ist nicht gleich Wochenende) inklusive geltender Ausnahmen auf der Groesse eines DIN A4-Blattes bildlich darzustellen. Was dabei herauskommt kann auch ebenso eine Schatzkarte zum Heiligen Gral sein. Oft sieht man Leute minutenlang vor den Schildern stehen und sich am Kopf kratzen. Bis man die Schilder versteht, hat man schon dreimal gegen die beschriebenen Vorschriften verstossen. Wie auch immer, in jedem Fall ist es mir eine Lehre. Und das ist ja letztlich das Ziel dieses Wahnsinns.

Im Job geht meine Einarbeitungsphase Schritt fuer Schritt voran. In der vergangenen Woche bat eine Presseagentur um ein erstes Interview zum Stand der Vorbereitungen auf London 2012. Die Olympischen Spiele werden in den naechsten Monaten mehr und mehr Zeit meiner taeglichen Arbeit ausmachen. Die Anforderungen des Australischen Olympischen Kommittees sind hoch, die Richtlinien sehr komplex. Da gerade die kleineren Sportarten wie u.a. auch Tischtennis aufgrund ihrer nicht so professionell entwickelten Strukturen manchen Anforderungen gar nicht gerecht werden koennen, gibt es seitens des AOC aber auch jede Menge Unterstuetzung. Allein zum Qualifikations- und Nominierungsprozess fuer die Australische Olympiamannschaft gibt es z.B. ein 60 Seiten starkes Handbuch.

Am Wochenende habe ich Bekanntschaft mit einer mir bislang unbekannten Bevoelkerungsgruppe gemacht – den Bewohnern der Torres Strait Inseln. Die liegen zwischen Australien und Neu-Guinea. Viele Torres Strait Insulaner sind adipoes bis hochgradig fettleibig. Eine Gruppe von ca. 20 von ihnen wohnte uebers Wochenende im gleichen Gebaeude, in dem ich mein Appartment miete. Wenn ich sie gesehen habe standen sie meistens alle zusammen in der Gegend herum und machten nichts. In der Lobby, auf der Strasse oder auf dem Pooldeck standen sie, hielten Schwaetzchen miteinander und trugen Hawaii-Hemden. Seit heute sind sie wieder weg. Laut einer der Rezeptionsdamen haben zwei von ihnen ihre Koffer im Zimmer vergessen. Alles in allem eine sehr gemuetliche Spezies Mensch, die Torres-Insulaner.

Ansonsten esse ich hier die typisch australischen Meat Pies (blaetterteigartiges gebaeck mit diversen Fleischfuellungen), als gaebe es kein Morgen. Leider habe ich gehoert, dass die nicht besonders gesund seien und ich davon nicht soviele essen sollte, sonst saehe ich auch bald aus wie ein Torres-Strait-Insulaner. Ich denke ja, dass das eigene Immunsystem ab und an auch mal vor Aufgaben gestellt werden will. Aber gut, uebertreiben muss man es ja nicht. Mal schauen, vielleich esse ich ja in Zukunft Moehren statt Meat Pies und Bananen statt Burger… – vielleicht aber auch nicht.

 

Allerbeste Gruesse aus Brisbane


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