Mi 4 Feb 2009
Hamm/Westf. Hbf – Amsterdam Centraal und zurück
von Rainer Aschmoneit in Lesertagebuch
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Zu einer für unseren Hund ungewöhnlichen Zeit zog ich meine Jacke an, und holte den Schlüssel aus dem Kasten, dann die Leine. Samstag Morgen 3.15 Uhr. Eisiger nord-ost Wind fegte durch die bitterkalten Morgenstunden. Erstaunlich viel Betrieb schon, oder noch auf der Strasse. Aus einer Wohnung drang laute Musik, begleitet von schallendem Gelächter. Unserem Hund war es gleich, was um ihn herum passierte, er, bzw. hatte ja nur ein Ziel: Schnüffeln und Erleichtern, um anschließend den Lohn dafür zu bekommen. Ein paar Meter weiter geht das Licht in den Zimmern an. Aha! Tochter und Achwiegersohn in spe steigen auch in den Tag ein. Den Hund gut versorgt bei der netten Nachbarin abgeliefert, und dann ging es los.
Auf zum Hauptbahnhof Hamm. Ausgangspunkt unseres einundzwanzig Stunden Trips in die Hauptstadt der Niederlande. Benny, das ist der in spe, hatte alles perfekt organisiert. Schlafwagen, aus Moskau kommend, für uns. Ab Köln übernahm Benny als Zugchef das knapp fünfhundert Meter lange stählerne Gefährt. Während bessere Hälfte und Tochter schliefen, schaute ich in die stockfinstere Nacht, die sich nur zäh vom Morgen ablösen ließ. Für einen Augenblick war ich irritiert. Das war doch gerade Düsseldorf Hbf, dann Duisburg, und jetzt Oberhausen?. Ich ließ die Karte des Ruhrgebietes vor meinem geistigen Auge ablaufen. Fahren wir rückwärts, vielleicht fehlt doch noch die geistige Frische? Ich legte mich hin und verhielt mich ruhig. Das wird schon seinen Grund haben, aber welchen. „Kaffee, Croissonts jemand, schon wach die Herrschaften?“ Benny`s Stimme im richtigen Augenblick, Getränke und Snack ja, aber wo und wie oder was fahren wir. Die Erklärung unseres „Reiseleiters“ war einfach, wir fahren eine Schleife, ist bei dieser Strecke von Moskau nach Amsterdam so üblich. Beruhigt, und um eine Erfahrung reicher, schlürften wir den tschechischen Kaffee, und das Gebäck.
Alle Maschienen stop! Die Grenze. Lokwechsel. Das holländische Stromsystem der Oberleitung funktioniert bei den deutschen Loks nicht, also muss an der Grenze getauscht werden. Wenn schon keine D-Mark mehr in Gulden, dann wenigstens noch die Lokomotiven.
Benny begrüsste die Fahrgäste in perfektem holländisch, deutsch und englisch. Vorbei an der Arena des Ehrendivisionisten Arnhem lief unsere kleine Reisegruppe an Bord des CityNightLiners gegen 10.30 Uhr in Amsterdam Centraal ein.
Stahlender Sonnenschein, aber hier schien der Wind noch eisiger zu sein als bei uns zu Hause.
Benny musste mit seinen Kollegen zum Hotel, einchecken für den Tag, und wir staunten über das große „Parkhaus“. Was es dabei zu staunen gibt? Es ist keins für Autos, nein, für Fahrräder!! So etwas hatte ich bis dato noch nicht gesehen. Wir hatten den Eindruck, ganz Holland hätte an diesem Tag eine Radtour zu den Grachten gemacht. Fahrräder soweit das Auge reicht. Überall in der Stadt „Parkflächen“ für Fahrräder. Durch die schmalen Gassen Amsterdams ist es auch schon eine Kunst mit dem Auto zu fahren, zumindest für den, der es nicht gewohnt ist.
Hunger. Die Lösung, eine von aussen wie eine Kaschemme wirkende Bruchbude, aber ein Tipp unter Benny`s Kollegen. Klein und eng, und ein wenig zugig der Laden, aber Hamburger nach Wunschgröße, die berühmten Pommes, natürlich aus Belgien, und Brot nach Wunsch, dazu riesen Auswahl an Sossen und Majonaisen.
Guter Tipp, echt lecker.
Dann ging es ab, zuerst die linke Seite, dann die rechte Seite Amsterdams. Die linke Seite bestand darin, das sich wie in jeder anderen Großstadt eine Boutique, Fresstempel, Schuhladen etc. nach der anderen reihte, nur ein wenig enger, und mit den mittelalterlichen Fassaden im oberen Bereich.
Die rechte Seite war dann, na sagen wir mal, etwas anders. Da hätten wir zum Familienpreis Spitzenakrobatik auf der Bühne hautnah verfolgen können, ein Zwei-Personen-Stück übrigens, mit einem männlichen und einem weiblichen Hauptdarsteller, oder nach dem Erwerb von Bananen, diese dann geschält, präzise, lassen Sie mich das mal so sagen, zum selber essen waren die nicht bestimmt. Soviel Kultur und Obst auf einmal, war dann doch nicht so das richtige für uns. Siehe da, ein Coffeshop, genau das richtige bei dieser Kälte, einen richtig schönen heissen Kaffee. Aber da ging es weniger um den Kaffee, ich meine, eine Partie Billard wäre ja noch ok gewesen, aber irgendwie war die Luft ein wenig schwer. Man kann ja sagen über die holländer was man will, aber freundlich sind sie. Vorallem die jungen Frauen, sie ziehen ihre Gardinen von ihren Fenstern auf, und winken dir mit einem strahlenden Lächeln zu. Müssen ihre Zimmer wohl auch gut geheizt haben, denn mit Bekleidung hatten sie es nicht so.
Bei unserem Rundgang über den großen Platz mitten in der Stadt passierten wir noch Madame Toussad`s Wachsfigurenkabinett. Wirklich täuschend echte Figuren, nur es fehlte uns die Zeit, denn wir mussten ja noch zum Markt, mit dem Sprinter, Stadtbahn von Amsterdam.
Auf dem Markt war das Wetter auch noch nicht besser, im Gegenteil, alles lag im Schatten, und der Wind pfiff unaufhörlich. Wenigstens hatte meine bessere Häfte ein Erfolgerlebnis in Form von neuen Stiefeln, Benny und meine Tochter kauften sich ein Paar Handschuhe, Tochter natürlich passend zur Jacke, und ich bekam endlich meinen geliebten doppel gesalzenen Lakritz, auch unser Lokführer ging nicht leer aus, und stärkte sich mit einem frisch gebratenen Fisch. Der Matjes lachte mich ja auch an, aber es war einfacht zu kalt. Den Abschluß eines schönen, eiskalten Tages war die einstündige Fahrt durch die Grachten Amsterdams, allen voran die Heerengracht und der alte Hafen der Stadt. Um 19.16 Uhr auf Gleis 13b von Amsterdam Centraal endete unser Abenteuer, und dreihundertsechzig Meter Stahl mit uns an Bord starteten Richtung Heimat. Bedankt Benny.
Tschüß, bis die Tage
R.A.
